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5.11. EIN ZWEITER VERTRETER FÜR DAS LEHRFACH RÖMISCHES RECHT 253
gewesen. Theser war, wie Oberkofler meint, vor allem ein tüchtiger Lehrer
und durchaus mit den neuesten Forschungen in seinem Fach vertraut, ei-
gene Forschungsarbeiten hatte er in seiner Innsbrucker Zeit allerdings nicht
mehr publiziert.431
Die Versetzung Maassens nach Innsbruck wurde auch deshalb möglich,
weil in Innsbruck die Stelle von Zielonacki frei geworden war. Außerdem
war das deutsche Umfeld in Tirol wohl auch eher nach dem Wunsch von
Maassen als das Leben in Ungarn. Allerdings war Maassen auch in Inns-
bruck nicht vollends zufrieden, wofür es mehrere Gründe gab, die er ab 1857
Thun gegenüber mehrfach schilderte. Der Hauptgrund – und damit war er
im Innsbrucker Professorenkollegium nicht allein432 – war seine Unzufrie-
denheit mit der Entlohnung seiner Stelle. Maassen war bis 1857 nur Ex-
traordinarius und bezog damit ein reguläres Gehalt von 900 fl., durch Kolle-
giengelder konnte er dieses zwar noch um circa 600 fl. aufbessern, was ihm
allerdings immer noch zu wenig erschien. Als Extraordinarius war Maassen
auch nicht Mitglied der Staatsprüfungskommission, wodurch er auch vom
Bezug der Prüfungstaxen ausgeschlossen war.
Maassen beschwerte sich daher zu Beginn des Jahres 1857 bei Thun, und
erklärte, dass der geringe Verdienst ihm nicht erlaube, seiner sozialen Po-
sition als „homo litteratus“433 entsprechend zu leben. Als Lösung schlug er
vor, ihn zum Ordinarius zu befördern oder ihn per ministerieller Verord-
nung zum Prüfer für die Rigorosen zu ernennen, sodass ihm durch die Ein-
nahmen aus den Prüfungstaxen eine weitere Einnahmenquelle erschlossen
würde. Ein halbes Jahr später, verfasste er eine noch eindringlichere Bitte
an Thun, in der er offen ausspricht, dass „meine Wirksamkeit als Professor
der Innsbrucker Universität nur eine transitorische sein kann. Mein Streben
muss sein, von hier fort zu kommen, nicht aber, hierzubleiben.“434 Maassen
hatte damals nämlich erfahren, dass Zielonacki in Prag sich um eine Stelle
in Lemberg beworben hatte. Deshalb bat er Thun, als Nachfolger desselben
nach Prag berufen zu werden, was neben dem höheren Prestige der Univer-
sität auch deutlich bessere Bezüge für Maassen bedeutet hätte. Leider ist
uns kein Nachlass von Maassen überliefert, dementsprechend kennen wir
auch die Antwort von Thun nicht.435 Die Tatsachen zeigen indes, dass Thun
431 Vgl. oBerkofLer, Innsbrucker Romanisten im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert.
432 Vgl. Kapitel 4.1.
433 Maassen an Thun, Innsbruck 12.01.1857, Nachlass Leo Thun-Hohenstein, A3 XXI D404,
Staatliches Gebietsarchiv Leitmeritz, Zweigstelle Tetschen-Bodenbach.
434 Maassen an Thun, Innsbruck 04.07.1857, Nachlass Leo Thun-Hohenstein, A3 XXI D425,
Staatliches Gebietsarchiv Leitmeritz, Zweigstelle Tetschen-Bodenbach.
435 Maassens scHüLer hat zwar noch den wissenschaftlichen Nachlass benützt, siehe Hein-
rich Singer, Dekretalensammlungen vor und nach Bernhard von Pavia. Mit Benutzung
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Title
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Subtitle
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Author
- Christof Aichner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 512
- Keywords
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen