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5.14. DIE SCHAFFUNG DES LEHRSTUHLS FÜR DEUTSCHE PHILOLOGIE 307
kanzel für deutsche Sprache einzurichten, wusste. Denn auch Moy sprach
nur sehr allgemein von einem „Interesse der Wissenschaft und der Spar-
samkeit“706 welches durch einen Privatdozenten Thaler gleich gestillt wer-
den könne, erwähnt aber mit keinem Wort die in Verhandlung befindliche
Einrichtung eines Lehrstuhls. Die Frage, ob sich Thun durch das Gesuch
Thalers in seinem Plan, den verdienstvollen und konservativen Zingerle auf
den neu zu errichtenden Lehrstuhl zu setzen, gestört fühlte und er daher
auch aus diesen Gründen eine Habilitierung Thalers in Innsbruck abgelehnt
hat, ist aus den Akten des MCU nicht zu klären.
Bald darauf, im Februar 1859, wiederholte Thun sein Gesuch an den Kai-
ser, in Innsbruck eine Lehrkanzel für deutsche Sprache zu errichten und
Zingerle diese Stelle zu verleihen. Diesmal bewilligte der Kaiser das Vor-
haben seines Ministers (14.04.1859), ohne dass dieser, wie eigentlich im
Sommer zuvor gefordert, nachweisen konnte, dass in Innsbruck ausreichend
Studenten für einen solchen Lehrstuhl vorhanden waren. Thun rechtfer-
tigte dies allerdings nachvollziehbar damit, dass ein solcher Nachweis nicht
möglich sei, da ja gerade eben kein Lehrstuhl vorhanden war. Er legte dem
Gesuch jedoch eine Tabelle bei, in der die Zahl der Studierenden an den rest-
lichen Universitäten in diesem Fach seit Beginn des Jahrzehnts aufgeführt
war. Gleichzeitig mit der Errichtung des Lehrstuhls und Zingerles Ernen-
nung wurde im Übrigen Zingerles Ehrendoktorat anerkannt.707 Zingerle
sollte noch im laufenden Semester mit seinen Vorlesungen beginnen.708 Zum
Nachfolger von Zingerle als Bibliotheksvorstand wurde im Mai Eduard Kö-
geler ernannt.709
Ebenfalls im Mai traf ein Erlass von Thun ein, der zur Berufung von Zin-
gerle noch einen wichtigen Nachsatz darstellt. Im Jahr zuvor (29.05.1858)
war nämlich Josef Nowotny verstorben, der bis kurz vor seinem Tod Un-
terricht in deutscher Sprache, vorwiegend für italienische Studenten, erteilt
hatte. Seit dem Tod des Honorarprofessors war dieser Unterricht aber unter-
blieben. Die Universität hatte sich zwar im Ministerium nach einem Nach-
folger für Nowotny erkundigt,710 das Ministerium ordnete aber nach der Er-
706 Moy an Thun, Innsbruck 07.01.1859, Nachlass Leo Thun-Hohenstein, A3 XXI D491, Staat-
liches Gebietsarchiv Leitmeritz, Zweigstelle Tetschen-Bodenbach.
707 Majestätsvortrag, Wien 25.02.1859, MCU Allg., Sign. 5, Fasz. 1018, Österreichisches
Staatsarchiv, Allgemeines Verwaltungsarchiv.
708 Thun an die Statthalterei, Wien 18.04.1859, Statthalterei Studien 8217/1859, Tiroler Lan-
desarchiv.
709 Thun an Karl Ludwig, Wien 16.05.1859, Statthalterei Studien 10279 ad 660/1859 (einsor-
tiert bei 4276/1858), Tiroler Landesarchiv.
710 Philosophische Fakultät an MCU, Innsbruck 09.06.1858, MCU Allg., Sign. 5, Fasz. 1023
(Karton 1083), Österreichisches Staatsarchiv, Allgemeines Verwaltungsarchiv.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Title
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Subtitle
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Author
- Christof Aichner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 512
- Keywords
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen