Page - 322 - in Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860 - Aufbruch in eine neue Zeit
Image of the Page - 322 -
Text of the Page - 322 -
5 DIE PERSONALPOLITIK LEO THUNS AN DER UNIVERSITÄT INNSBRUCK
322
besagte Kollegien zu übernehmen. Am 12. Jänner 1860 sandte die Fakultät
schließlich die Anträge auf Trennung der Kanzel, jene auf Übertragung des
Unterrichts in der Rechtsphilosophie an Wildauer sowie die Terna zur Beset-
zung der Kanzel für Strafrecht an das Unterrichtsministerium.770
Bereits zehn Tage zuvor hatte Moy privat an den Minister geschrieben
und die Entscheidung der Fakultät angekündigt und betont, wie groß die
Sympathien im Kollegium für Karl Indermauer771 waren, sodass sie schließ-
lich den Ausschlag für die Reihung an der Spitze der Terna gaben. Gleich-
zeitig kündigte Moy auch schon den Antrag der Fakultät an, die Kanzel zu
teilen und Wildauer den Part der Rechtsphilosophie zu übertragen, wobei er
betonte, dass er den (seinen) Vorschlag unterstütze: „Diesem Antrage würde
ich, wenn nicht Wildauer auch Jurist wäre, mich principiell widersetzt ha-
ben. Unter den gegebenen Verhältnissen ist nichts dagegen einzuwenden,
zumal Wildauer auch ein sehr wohlgesinnter Mann ist.“772
Für die Nachfolge von Schuler hatten sich drei Kandidaten beworben,
die von der Fakultät folgendermaßen gereiht wurden: An die erste Stelle
ihres Berufungsvorschlages setzte das Innsbrucker Kollegium den bereits
von Moy erwähnten Karl Indermauer, ihm folgte Ignaz Neubauer773 und als
letzten reihte die Fakultät August Geyer.774
Karl Indermauer stammte aus Schwaz in Tirol. Zur Zeit der Verhandlun-
gen war er Ministerialkonzipist im Unterrichtsministerium. Ignaz Neubauer
aus Parauch in der Steiermark hatte zu diesem Zeitpunkt bereits ein Ex-
traordinariat des österreichischen Strafrechts an der Universität Graz in-
ne.775 Der 1831 in Asch/Böhmen geborene August Geyer war der jüngste der
Rechtsphilosophie in naturrechtlicher Tradition durch eine religiös-restaurative Rechtsphi-
losophie zu ersetzen. Vgl. zu Moys Ansichten besonders bei goLLer, Naturrecht, Rechtsphi-
losophie oder Rechtstheorie?, S. 61–65.
770 Kerer an MCU (Konzept), Innsbruck 12.01.1860, Akten der Juridischen Fakultät 17, 306 ex
1859/60, Universitätsarchiv Innsbruck.
771 Karl Indermauer (*Schwaz 1823), 1847 Dr. jur., anschließend in verschiedenen Positionen bei
der Staatsanwaltschaft in Bozen, Wien und Wiener Neustadt, ab 1856 Konzipist im MCU.
772 Moy an Thun, Innsbruck 02.01.1860, Nachlass Leo Thun-Hohenstein, A3 XXI D544, Staat-
liches Gebietsarchiv Leitmeritz, Zweigstelle Tetschen-Bodenbach.
773 Ignaz Neubauer (Barauch 1816–1888 Graz), ab 1845 Adjunkt der jur.-pol. Studienabtei-
lung in Wien, ab 1847 Präfekt am Theresianum in Wien, 1848/49 Mitglied der Frankfurter
Nationalversammlung, ab 1850 ao. Prof. des öst. Strafrechts an der Universität Graz, ab
1860 o. Prof. ebendort. Siehe Karlheinz ProBst, Geschichte der Rechtswissenschaftlichen
Fakultät der Universität Graz. Band 3. Strafrecht – Strafprozessrecht – Kriminologie (=
Publikationen aus dem Archiv der Universität Graz 9), Graz 1987.
774 Das Gesuch von Geyer, vom 17.10.1859 liegt im AVA, MCU Allg. Sign. 5, Fasz. 994.
775 Siehe zu den Kompetenten oBerkofLer, August Geyers Berufung nach Innsbruck (1860), S.
128–129.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Title
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Subtitle
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Author
- Christof Aichner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 512
- Keywords
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen