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5 DIE PERSONALPOLITIK LEO THUNS AN DER UNIVERSITÄT INNSBRUCK
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Universitäten, wenn auch vereinzelt, aber doch vorgekommen war. Vielmehr
ernannte Thun gerade in Innsbruck einige streng katholische, geradezu ul-
tramontane ‚Aushängeschilder‘, wie George Phillips und Karl Ernst Moy de
Sons und mit Friedrich Maassen und August Tewes zwei Konvertiten.
Mit seiner Personalpolitik hat Thun auch die Entwicklung einzelner wis-
senschaftlicher Disziplinen bzw. der Universität auf längere Zeit geprägt,
zumal einige der jüngeren Professoren lange an der Universität lehrten.
Außerdem dominierten einige von jenen Professoren, die Thun protegiert
und gefördert hatte, auch noch Jahrzehnte nach seiner Amtszeit durch ihre
Schüler bzw. durch ihren Einfluss die personelle Entwicklung an den Uni-
versitäten. Der Einfluss von Hermann Bonitz wurde dabei erwähnt. Aber
es gibt auch andere Beispiele. So wurde etwa dem von Thun berufenen Karl
Schenkl großer Einfluss bei der Besetzung von Lehrstühlen und Positionen
im Bereich der klassischen Philologie nachgesagt.807
Insgesamt lässt sich auch eine Parallele zu Preußen herstellen, wo der
Universitätsreferent Friedrich Althoff gegen Ende des 19. Jahrhunderts ein
ähnliches System an Vertrauenspersonen besaß, das ihn besonders in Per-
sonalfragen beraten hatte. So wie in Österreich hatten die preußischen Uni-
versitäten das eigentliche Vorschlagsrecht bei der Ernennung von Professo-
ren inne, das Ministerium musste der Ernennung dann zustimmen. Ähnlich
wie Thun nahm sich Althoff jedoch regelmäßig heraus, das Recht der Fakul-
täten zu umgehen, und ernannte Kandidaten, die aus seiner Sicht am besten
geeignet waren. Während Thun allerdings großen Wert auf die moralische
Einstellung der Kandidaten legte, war für Althoff der ausschlaggebende
Grund die wissenschaftliche Qualität der Kandidaten. Er wollte durch seine
Eingriffe die Vetternwirtschaft und den Klüngel an den Universitäten mi-
nimieren.808 Obschon in dieser Hinsicht doch ein bedeutender Unterschied
besteht, so zeigt vor allem die Methode des inoffiziellen Vorgehens und der
Unterhaltung eines Informantennetzwerkes interessante Parallelen. Auch
in der Bewertung von Althoff lassen sich Ähnlichkeiten feststellen, die sich
807 Vgl. dazu die Hinweise bei oBerkofLer et al., Geschichte der Universität Innsbruck (1669–
1945), S. 219.
808 Vgl. zu Althoff besonders Bernhard Brocke, Hochschul- und Wissenschaftspolitik in Preu-
ßen und im Deutschen Kaiserreich 1882–1907: das „System Althoff“, in: Peter Baumgart
(Hg.), Bildungspolitik in Preußen zur Zeit des Kaiserreichs, Stuttgart 1980, S. 9–118;
Brocke, Von der Wissenschaftsverwaltung zur Wissenschaftspolitik. Friedrich Althoff
(19.2.1839–20.10.1908); zuletzt Bernhard Brocke, Berufungspolitik und Berufungspra-
xis im Deutschen Kaiserreich, in: Christian Hesse/Rainer Christoph Schwinges/Melanie
Kellermüller (Hgg.), Professorinnen und Professoren gewinnen. Zur Geschichte des Beru-
fungswesen an den Universitäten Mitteleuropas, Basel 2012, S. 55–103. Einen ähnlichen
Vergleich zieht auch surman, Habsburg Universities 1848–1918, S. 42.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Title
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Subtitle
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Author
- Christof Aichner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 512
- Keywords
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen