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6 DIE EINRICHTUNG DER THEOLOGISCHEN FAKULTÄT IM JAHR
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cession, deren Realisierung die herrlichsten Früchte verspricht“103 bezeich-
nete.
Allerdings spiegelt sich in diesem Auseinandergehen der Hoffnungen
auch das von Mayer festgestellte Auseinanderdriften von katholischer Lai-
enbewegung und Episkopat nach dem Abschluss des Konkordats wider. Die
Bischöfe bauten nun in vielen Diözesen weniger auf die im Jahr 1848 ent-
standene Laienbewegung, sondern verfolgten stattdessen stärker machtpo-
litische Ziele.104 Daher spielte der österreichische Episkopat in der Frage
der Gründung einer katholischen Universität in Österreich nur noch eine
nachgeordnete Rolle, während engagierte Laien, darunter auch die bereits
mehrfach genannten George Phillips oder Clemens Brandis, sich weiterhin
für das Projekt stark machten. 105
Die Verhandlungen um das Konkordat zeigten auch, dass es von Seiten
der Kurie zunächst das Bestreben gab, den katholischen Charakter der Uni-
versitäten zu stärken bzw. zu erneuern. Dabei argumentierte der Vatikan
auch historisch und verwies auf die päpstlichen Privilegien einzelner Uni-
versitäten und die historische Verbindung aller Wissenschaften mit der Kir-
che bzw. der Theologie. Allein dieses Vorhaben, die geschichtliche Entwick-
lung zurückzudrehen, musste im Laufe der Verhandlungen fast vollkommen
aufgegeben werden. Letztlich scheiterten sogar die alternativen Pläne, das
Amt des Universitätskanzlers zu stärken und den Bischöfen zu übertragen
bzw. es an manchen Universitäten – wie beispielsweise in Innsbruck – über-
haupt erst (wieder) einzuführen.106 Der Plan zur Gründung einer katholi-
schen Universität, wie er von Rom ins Spiel gebracht worden war, war letz-
ten Endes für die katholische Laienbewegung von größerem Interesse als
für den österreichischen Episkopat und für Thun.107 Dass der Minister den
katholischen Charakter der österreichischen Universitäten grundsätzlich
103 Martinus HuBer, Beitrag zur Verständigung über das österreichische Concordat, Inns-
bruck 1857, S. 348. Die Beiträge von Huber erschienen erstmals als Artikelserie in den
Katholischen Blättern aus Tirol im Herbst 1856.
104 Vgl. mayer, Österreich als „katholische Großmacht“, S. 206–207.
105 Vgl. hierzu vor allem die Arbeit von Brandt, Eine katholische Universität in Deutschland?
106 Vgl. dazu die Verhandlungen um ein neues Statut der Wiener Universität, Entwürfe, Ak-
ten und Stellungnahmen zur Ausarbeitung eines neuen Statuts der Universität Wien,
Nachlass Leo Thun-Hohenstein, A3 XXI D407, Staatliches Gebietsarchiv Leitmeritz,
Zweigstelle Tetschen-Bodenbach. Das Amt gab es damals nur in Prag und Wien. In Inns-
bruck war das Amt unter Joseph II. bzw. unter bayerischer Herrschaft aufgehoben worden.
Vgl. oBerkofLer et al., Geschichte der Universität Innsbruck (1669–1945), S. 28–29. Im
Übrigen gab es in Innsbruck zu der Zeit keinen Bischofssitz.
107 Vgl. dazu Thuns prägnante Aussage in Die Neugestaltung der österreichischen Univer-
sitäten über Allerhöchsten Befehl dargestellt von dem k.k. Ministerium für Kultus und
Unterricht, S. 22.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Title
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Subtitle
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Author
- Christof Aichner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 512
- Keywords
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen