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6.6. SORGEN IN TIROL 371
hervorkehrte und andererseits die historische Rolle der Universität Inns-
bruck seit den Tagen ihrer Stiftung durch Kaiser Leopold als Verbindungs-
glied zwischen Deutschland und Italien und als Bollwerk gegen jegliche
Irrlehren betonte.170 Moy zeigte sich überzeugt davon, dass die Universität
mit der neuen theologischen Fakultät diese historische Mission vollends er-
füllen könne. Die Übergabe der Fakultät an die Jesuiten wertete Moy dar-
über hinaus als besonders positiv, da der Kaiser aus seiner Sicht damit ein
doppeltes Zeichen gesetzt hatte: Einerseits hatte er den durch das Konkor-
dat bereits vorgezeichneten Weg der Förderung der katholischen Kirche
fortgesetzt, andererseits konnte er „auch der katholischen Kirche in seinen
Staaten die volle, rückhaltslose Entfaltung ihrer geistigen Kampfesmittel
einräumen“171. Moy sah darin ein Bekenntnis des Kaisers für den Orden,
der sich stets unzähligen Feinden gegenübersah. In weiterer Folge ging Moy
auf die historischen Leistungen des Ordens ein und bediente sich dabei ei-
ner Kampfesrhetorik, in der die Jesuiten als Verteidiger des wahren Glau-
bens und des päpstlichen Gehorsams dargestellt werden. Erinnert man sich
an seine Rede vom Jahre 1855, erscheint die Berufung der Jesuiten nach
Innsbruck auch als die denkbar beste Lösung: Denn wer könnte die in jener
Rede geschilderte historische Mission der Universität Innsbruck als Vertei-
digerin der rechten Lehre besser erfüllen und das glaubensstarke Tirol und
die wahre Wissenschaft besser verteidigen als die Gesellschaft Jesu? In die-
sem Sinn musste für Moy die Innsbrucker Universität nun wohl endgültig
zu einer der „Festungen und Burgen katholischen Geistes und katholischer
Wissenschaft“172 geworden sein, deren Errichtung ein nicht näher genannter
Schreiber in Der Katholik im Jahr zuvor verlangt hatte, um die Hegemonie
der Protestanten in den Wissenschaften endlich zu brechen. Derselbe Au-
tor hatte ähnlich wie Moy katholische Universitäten und Akademien als die
notwendigen „Mittel“ im „großen Kampf für die Wahrheit Gottes und der
Menschheit“173 angesehen. Dass auch der Wiener Nuntius erfreut über die
Eröffnung der Fakultät und die Übergabe an die Jesuiten nach Rom berich-
tet hatte, dürfte nicht überraschen.174 Zur gleichen Zeit wurden außerdem
durch die Vermittlung von Kardinal Rauscher zwei Professoren aus Rom
170 Vgl. Kapitel 6.5.
171 Festrede gehalten vom Rector Magnificus Freiherrn v. Moy de Sons, S. 1172.
172 o. autor, Die Universitätsfrage, in: Der Katholik, Neue Folge, Bd. 13/8 und 10 (1856) , S.
337–350 und S. 433–444, hier S. 348.
173 o. autor, Die Universitätsfrage, S. 348.
174 Nuntiaturbericht (Konzept), Wien 29.11.1857, Arch. Nunz. Vienna, Vol. 406, f. 134–135,
Vatikanisches Geheimarchiv.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Title
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Subtitle
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Author
- Christof Aichner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 512
- Keywords
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen