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7.2. SPRACHEN UND SPRACHENFRAGE ALS KONFLIKTPUNKT INNERHALB DER UNIVERSITÄT 391
Nachdem der Konflikt im Juni 1857 großteils behoben war, scheint sich
Deutsch als Prüfungssprache weitgehend durchgesetzt zu haben, wenn
auch immer wieder italienische Studenten unter Angabe von unterschied-
lichen Gründen die Ablegung der Prüfung in Italienisch beantragten, was
von Fall zu Fall auch bewilligt wurde.66 Die Regelung war aber nicht lange
von Relevanz, da bereits mit dem Ende der neoabsolutistischen Ära wenige
Jahre später zunächst die strenge Regelung Thuns aufgehoben und mit dem
Staatsgrundgesetz von 1867 die Gleichberechtigung der Sprachen aner-
kannt wurde. Den Ländern wurde damit wieder größere Freiheit in dieser
Frage eingeräumt.67
Auf der Grundlage des Februarpatentes von 1861 hatte der Landtag in
Innsbruck im Jahr 1864 dem Antrag des Trientner Abgeordneten Vincenz
Consolati68 zugestimmt und beschlossen, in einigen Fächern italienische Pa-
rallelkurse abzuhalten. Zunächst nur für die ersten beiden Jahrgänge des
Studiums vorgesehen, wurde diese Regelung nach dem Verlust Venetiens
und damit der Universität Padua und dem Staatsgrundgesetz von 1867 auf
das gesamte Studium der Rechtswissenschaften ausgedehnt.69 Damit kehrte
die Universität nach einer Phase, in der eine von Wien verordnete Betonung
des Deutschen geherrscht hatte, wieder zu einer stärkeren Gleichberechti-
gung der beiden Landessprachen an der Universität zurück. Die Regelung
für die Parallelkurse hatte lange Bestand und wurde auch mehrfach ausge-
weitet, doch schon kurz nach deren Einführung regte sich – diesmal beson-
ders innerhalb der Universität und des Landes – Widerstand gegen die Par-
allelkurse. Ein Großteil der deutschen Professoren und Studenten erblickte
darin eine allmähliche „Verwälschung“70 der Universität und des Landes.
Bezeichnend ist auch eine Wortmeldung von Vizebürgermeister Eduard Er-
ler71 bei einer von den Stadtoberen einberufenen Versammlung der „deutsch-
gesinnten Wählerschaft“ in Innsbruck im Jahr 1903, wo eine Klärung der
Universitätsfrage dringend angeraten wurde, da „der deutsche Charakter
66 Vgl. etwa Statthalterei Studien 3278/1858, Tiroler Landesarchiv.
67 Vgl. Burger, Sprachenstreit und Sprachengerechtigkeit im österreichischen Unterrichts-
wesen 1867–1918, S. 35–36.
68 Vincenz Consolati von und zu Heiligenbrunn und Pauhof (Trient 1803–1863 Wien), Groß-
grundbesitzer und Politiker, 1863 Abgeordneter des Reichsrats.
69 Vgl. oBerkofLer, Die Rechtslehre in italienischer Sprache an der Universität Innsbruck.
70 Siehe dazu ein Zitat von Prof. Emil Kleinschrod vom Februar 1869, zit. oBerkofLer, Die
Rechtslehre in italienischer Sprache an der Universität Innsbruck, S. 13–14.
71 Eduard Erler (Innsbruck 1861–1949 Innsbruck), Anwalt und Politiker, Vizebürgermeister
von Innsbruck,1901–1908 sowie 1911–1918 Abgeordneter des Reichsrats.
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Title
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Subtitle
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Author
- Christof Aichner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 512
- Keywords
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen