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8.4. DIE BIBLIOTHEK ALS WISSENSCHAFTLICHES INSTRUMENT 411
ßert, da diese zeitabhängig und aufwendig waren. Er brach daher auch mit
der Übereinstimmung von Katalog und Aufstellung. Aus seiner Sicht sollte
es nicht nötig sein, die Systematik zu kennen, um ein gewünschtes Buch zu
finden, eine Vorstellung, die modern anmutet und einen mehrfachen Zugriff
auf ein Buch erlaubte.54 Durchgesetzt hat sich sein Ansatz jedoch nur in we-
nigen Fällen und dann auch oft modifiziert. Allerdings wurde die Wiener
Universitätsbibliothek ab 1838 teilweise nach dem Vorbild Schrettingers
umorganisiert.55
In Österreich war man allerdings von Seiten der Regierung weniger auf
die Anlegung eines wissenschaftlichen Katalogs als auf die Erhaltung der
alphabetischen Kataloge erpicht.56 Dies erscheint für die Zeit, in der eine
strenge Zensur herrschte, auch konsequent. Mit Gewährung der Lehr- und
Lernfreiheit und der Aufhebung der Zensur und somit erleichtertem Bücher-
zugang bekam der systematische Katalog jedoch eine viel höhere Bedeutung.
Ein Bibliothekar war damit durch sein Wissen um Systematik, Katalog und
Aufstellung auch Vermittler des Wissens.57
8.4. Die Bibliothek als wissenschaftliches Instrument
Durch die Ermöglichung eines systematischen Zugangs zu den Büchern hat-
ten die Bibliotheken auch ihren musealen Charakter verloren und wurden
zu einem wissenschaftlichen Gebrauchsinstrument. Zudem war durch die
Aufhebung der Zensur der Zugang zu Büchern enorm erleichtert.58 Dieser
54 Vgl. Uwe JocHum, Bibliotheken und Bibliothekare 1800–1900, Würzburg 1991, S. 32–33.
Schrettinger hat bis zu seinem Tod 1851 an einem Schlagwortkatalog gearbeitet, der jedoch
nur Fragment geblieben ist. Vgl. Harald kLeinscHmidt, Über den Umgang mit Büchern.
Hilfswissenschaftliche Prolegomena zur Geschichte der Katalogregeln, in: Archiv für Kul-
turgeschichte (1982), S. 453–480, hier S. 460–461. Vgl. auch Jeffrey garrett, Redefining
Order in the German Library, 1775–1825, in: Eighteenth-Century Studies 33 (1999), S.
103–123.
55 Hans striedL, 150 Jahre Münchener Aufstellungsschema, in: Rupert Hacker (Hg.), Bei-
träge zur Geschichte der Bayerischen Staatsbibliothek, München 2000, S. 153–176, hier S.
171–173.
56 Vgl. Pongratz, Geschichte der Universitätsbibliothek Wien, S. 50–51. Vgl. auch Instruction
für die k.k. Universitäts- und Studienbibliotheken, provisorisch erlassen mit Stud. Hof-
Comm.-Decrete vom 23. Juli 1825, Z. 2930. Dort wird der Bibliothekar angewiesen, dass
erst bei Vorhandensein eines vollständigen alphabetischen Katalogs an die Bearbeitung
eines wissenschaftlichen Kataloges geschritten werden solle. Gleichzeitig überwiegen in
den Instructionen auch die formalen Regeln zu Ordnung und Beschreibung von Büchern
und Katalogen.
57 Vgl. dazu auch bei JocHum, Bibliotheken und Bibliothekare 1800–1900, S. 33–34.
58 Vgl. auch die Anordnung des Unterrichtsministeriums vom August 1848, die Landesstellen
Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
Aufbruch in eine neue Zeit
- Title
- Die Universität Innsbruck in der Ära der Thun-Hohenstein’schen Reformen 1848–1860
- Subtitle
- Aufbruch in eine neue Zeit
- Author
- Christof Aichner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20847-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 512
- Keywords
- University of Innsbruck, University Reforms, Thun-Hohenstein, Leo, Universität Innsbruck, Reform, Universitätspolitik, Thun-Hohenstein
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen