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Geographie, Land und Leute
Unser Vaterland - Steiermark und Kärnten
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, ^ Steiermark. verzichten schwer auf das waldreiche ssngthal der Salzn. auf die großartigen Abstürze der Ringcrin, des Ebenstem, des Griesstein u. s. w., aber wir wollen das Beste haben und packen den Stier gleich bei den Hörnern. Von Weichsel- bodcn aus besteigen wir den Hochschwab. Ich bestieg diesen Berg im Sommer 1874 uon der andern Seite, von Aflenz aus. Meine Gefährten waren ein österreichischer Major, ein junger Maler und ein Führer. An eiucm klaren Iulinachmittage wanderten wir dem kalkigen Fulzbach entlang, in dessen Schluchten die prächtigen Fichten und Lärchen stehen, vou dessen Höhen zwischen und über den Wipfeln die lichten Wände des Fölzstcin und der Mitteralpe ragen. Der Sandweg ist gut und steigt leicht an. Wundersam spielen Licht und Schatten des heiteren Nachmittags in den Bäumen und Sträuchern, an den zerbenbcwachscncn Lehnen nnd an den Schrunden der Wände, über welchen der duftige Schleier des Aethers liegt. Nach einer kleinen Stunde von Asicnz haben wir das letzte Haus des Fölzthales hinter uns und wir ziehen durch waldschattigc Engen und werden fcncht uon dem Staube der rauschenden Fölz. Wir kommen zu den zwei Brücken, auf welchen der Führer zweimal stillsteht. Hier sehen wir ein Bild, wie es malerischer »och kein Maler gedacht hat. Dort ragt der senkrechte Koloß des Fölzstein, ein dräuender Vorwart und Thorwart des Schwab. Zwanzig Schritte vorwärts ein ander Bild. Ter Fölzstein verschwunden, die weißen Zacken der Mittcralpe leuchten über den schwarzen Kronen des Tannenwaldcs. Ter Gegensatz dieser strahlenden Wände oben und der kühlen, thauigen Waldschlucht unten mit dem Brausen des Wassers und dem dunkelnden Gestein, au-- dessen Klüften der Lorbeer der Alpen, der Rhododendron mit seinen Rosenflammen wuchert — dieser Gegensatz weckt in uns das Hochgefühl des Entzückens. Plötzlich aber verliert fich der Nildbach, wir hören ihn rauschen, wir fühlen das Beben des Bodens vor seinen Fluten, die eingebrückt unter unseren Füßen brausen. So führt uns ein kühner Weg über den Wassern dnrch eine enge, finstere Klamm. Zum Ueberfluß ist die Klamm besetzt mit einer Heerdc von Rindern, unter welchen etliche stahlgrauc Stiere nicht gewillt scheinen, uns so leichthin freie Passage zu gewähren. Zwar machen wir die Wegelagerer aufmerksam auf unsere tüchtigen Alpenstöcke, allein sofort erlauben sie sich, kopfschüttelnd auf ihre Hörner hinzuweisen. Wir stehen still, Jeder von uns bewundert laut das kolossale Fclsenthur und fürchtet sich heimlich vor den Stieren. Zum Glücke kommt des Weges ein Bauersmann, der die Rinder zur Aufhebung des Belagerungs- zustandes zu bewegen weiß. — Wir steigen hinan zur Haltcrhütte, die in einem Huchsattel zwischen den Wänden des Fölzstcin und der Mitteralpe liegt, machen uns dort heimisch und genießen Milch und Butter. Mittlerweile beginnt es zu duukclu und auf den Huchwarten liegt die Abendglut. Die junge, hübsche Schwaigcrin ist vertrieben; der Major kauert wie ein Taschenmesser eingeknickt in ihrem Bcttchcn. Der Maler und ich liegen nntcr dem Dache im Hrn. Ter Führer ist nns abhanden gekommen; es geht die Sage, daß der gute Mann, die Sehnsucht im Herzen, ein Ahasucr, manche stille Nacht von Alpcnhüttc zu Alpcnhütte wandert, um die süße Ruh' der Almerinnen zu belauschen. Es ist finster geworden. Den vertrockneten Blumenkelchen des Heues entsteigen Bilder aus vergangenen Tagen nnd voll des heimlichsten Wunsches zukünftiger Erfül lung.. . Da erschallt unten in der Hütte plötzlich der Ruf: „Jesus, Maria und Josef! was ist denn das! ihr Leute all', geht und schaut!" — Ich kollere über die Leiter hinab. Der Major steht in purem Hemde draußen vor der Thür, hält die Hände zusammen und schreit: „Jesus, Maria uud Josef! hab' ich das schon gesehen in der weiten Welt!" Da schaue ich's denn auch. Ich erschrecke anfangs, daß mir der Herzschlag stuckt, dann heb' ich an und lache — lache vor Entzücken. Die senkrechten Wände der Mitteralpc, die sich über dem schwarzen Zerbengrund in einer langen Reihe von Norden gegen Süden ziehen, stehen in einem hohen, magischen Weiß, wie durchsichtig fast und von lichtem Aethcr umgössen, als hätten sich die ewigen Wände bedeckt mit Fcenschleicrn oder wollten sich auflösen zn flüchtigen Nebclflocken. — Der letzte Blick des verdämmernden Tages liegt auf den Wänden und ist Ursache dieser unbeschreiblich schönen Erscheinung. Dieser Schein, der von den Kalkfclsen auf uns niedergießt, ist fast, wie das helle weiche Licht des Vollmondes. - Um Mitternacht rüsten wir uns zum Aufbruche. Kaltes Wafser
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Unser Vaterland Steiermark und Kärnten
Title
Unser Vaterland
Subtitle
Steiermark und Kärnten
Authors
Peter.K. Rosegger
Fritz Pichler
A. von Rauschenfels
Publisher
Gebrüder Kröner
Location
Stuttgart
Date
1877
Language
German
License
PD
Size
28.1 x 42.23 cm
Pages
344
Keywords
Wandern
Categories
Geographie, Land und Leute
Geschichte Vor 1918
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