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ie Söller- und die ^Nurthaler-Alpen.
Derlei Gefahren halten den Hirten noch im Bereiche des Wirklichen zurück. Im Ucbrigcn aber ist er Idealist.
Die Erscheinungen der Natur weiß er stets auf dem Wege des Ucbcrnatürlichen zn erklären, nud im Herbste, wenn
er zurückkehrt in das Thal, kommt er als Scher und Prophet.
Freude ist in den Sennhütten. Da wohnt kein Haß nnd Grübeln, da wohnt — die junge Brentlerin (wie
man hier statt Sennin oder Schwaigerin
sagt). Zu allermeist freilich ist's eine
alte Vrentlcrin, aber das macht nichts,
auf der hohen Alm sind auch die Alten
jung, nnd der Halter und der Jäger,
und wer sonst etwa kommt, mag in
der Käse- nnd Butterkainmrr Labsal
finden. Darnm singt mancher Bursche,
der über die Almen geht:
„I woas nit, sul i auffi, sul i owi,
Oda sul i ba da Mitt duachi gehn,
Nie Dirndln sein mim and sein untn,
Ba da Mittn and ibarol scheu,"
lind so darf uns die Zeit nicht
reuen, die wir tagelang in den Sölker-
alpen verwanden,. Wir klettern endlich
der Gegend des schwarzen See's zn nnd
steigen über den Schimplsattel am Fuße des wüsten Sauofcnbcrges
in den waldigen Katschgraben hinab. Hier bleibt das Gcfclse end-
lich etwas zurück, die Gegend lichtet nnd flacht sich ein wenig und
schattet sich zu schöuen, weiten Wäldern. Das Klima mildert sich
und von den Wuhnsitzen der Menschen grüßt uns wieder Kultur
entgegen. Wir gehen über das Schöder und durch das Rantenthnl
nach Murau.
Dieser Weg von Schladming her war doch die nnwirthlichste
Strecke unserer ganzen Wanderung und bei Ncbclwctter hätte ich
der Führer nicht gerne sein mögen. Es vergeht kein Jahr, in
welchem nicht irgendwer verunglückt in den wilden Gebirgen des
Taucrn. Touristen besuchen diese Gegenden nur selten, obwohl sie
für den Naturforscher nnd Ethnographen interessanter sind, als manch
effektvolles Hochgcbirgsthal mit Hotels und Eisenbahnen.
Wir sind nun in dem buchen- und tanncnumkränzten Thale
der oberen Mur. Der Fluß kommt von den Salzburgcrtauern
und bringt schon eine hübsche Etattlichkcit mit in die Steicrmark.
Das Städtchen Murau ist in hohe, alte Mauern eingeschlossen. Ueber der Stadt auf buschiger Höhe liegt das
Schloß Ober-Murau, dem Fürsten Schwarzenbcrg gehörig, dem Herrn des ganzen Gebietes. Jenseits des engen
Thales ragt die Vcste Grünfcls. Die Stadt hat zwei interessante gothische Kirchen. Mehrere Eisenwerke blasen ihren
Rauch in die klare feuchte Alpcnluft empor.
Das zwei Stunden von Mnrau entfernte Bcncdiktinerstift Lambrecht lassen wir rechts abseits liegen inmitten
w im purerloch.
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Unser Vaterland
Steiermark und Kärnten
- Title
- Unser Vaterland
- Subtitle
- Steiermark und Kärnten
- Authors
- Peter.K. Rosegger
- Fritz Pichler
- A. von Rauschenfels
- Publisher
- Gebrüder Kröner
- Location
- Stuttgart
- Date
- 1877
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 28.1 x 42.23 cm
- Pages
- 344
- Keywords
- Wandern
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918