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5:? Steiermark.
da oben in St. Wolfgnng. — Das Kirchlcin ist gar schlicht und Jeder, der es besucht, kommt nur nm zu beten.
Im Friedhofc-gärtchen wachsen Alpenblumen. — — Am früheste!» Morgen werden wir durch das Avcglöcklein geweckt.
Der niinmcl ist heiter, kühle Luft rieselt nieder von dein Berge. Auf der Spitze leuchtet die junge Sonne und ihr
goldiges Meer sinkt nieder über das Fels- nnd Zirmgchängc, über dic Mattcn zum thauigcn Tannenwald. Und
die tiefe Ruhe! man hört die ssittige seines ssngcls fächeln; man hört das Athmen der Zeit, fühlt den Hanch der
Jahrtausende, die still dahinziehen über diese lichtvollen Höhen.
Nnd endlich auf der Spitze der Zirbitz angelangt, unterhalb welcher ein Echntzhans steht — wie ist das Auge
so reich! Bon den duftblaucn Jacken der Tulzbachcr Alpen bis zu den funkelnden Gletschern des Dachsteins — in
einer Halbrunde liegt dic Steiermart da. Und auf der andern Seite das nachbarliche Knrntnerland mit seinen
Musik im Freien.
herrlichen Bergen. I» einzelnen Thälern liegen wie weiße Seen die Nebel nnd mancher hohe Berg ragt daraus
wie eine Insel auf. Rings um dic Spitze der Zirbitz sind mehrere fischreiche Seen, wovon der Wildensec am
westlichen Hange von unergründlicher Tiefe, ei» ausgebrannter Krater sein soll.
Sind Hunger und Durst nicht zn groß, so ist es mitunter fast bitter, von solch schönen, fricdumwehtcn
Höhen — wohinaus nns von allen leidenschaftlichen Bewegungen des Herzens nur die selbstloseste Freude gefolgt ist —
wieder hinabsteigen zu müssen zu den Menschen. Die treiben es hierunten oft so, daß es schwer ist, bei ihnen
zu wohnen. Dic Bewohner der Höhen haben bei all ihrer Armuth meist ein fröhliches Gemüth. Nicht selten an
Sommersonntagen sieht man sie mit ihren Zithern oder Pfeifen im Freien fitzen und mnsiciren. Ihre unbewußte
Lust ist oft »nächtiger als ihre Sprache, daher das gellende Innchzcn der Aclplcr nnd das Lied ohne Worte —
der Jodler.
Wir steigen zum Markte Obdach nieder nnd gehen dem Granitzenbach entlang, wieder dem Murthalc zu.
Dort wo nnser (wgthal in den weiten Murbudcn mündet, links an einem kühnen Fclsvursprungc steht die herrliche
Burgruine (>ppenstein. Die Markgrafen von Istrien, nachmaligen Herzoge von Kärnten, hatten sie erbaut vor
tausend Jahren. Spater kam sie in den Besitz mächtiger Gaugrafen aus dem Mürzthale; jetzt gehört sie einem der
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Unser Vaterland
Steiermark und Kärnten
- Title
- Unser Vaterland
- Subtitle
- Steiermark und Kärnten
- Authors
- Peter.K. Rosegger
- Fritz Pichler
- A. von Rauschenfels
- Publisher
- Gebrüder Kröner
- Location
- Stuttgart
- Date
- 1877
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 28.1 x 42.23 cm
- Pages
- 344
- Keywords
- Wandern
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918