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Die Sölker- und die NIurthaler-Alpen. 5I
reichsten und angesehensten stcirischen Eavaliere, dem Baron Seßler Hcrzingcr, dessen weite Waldungen ganze Thäler
des Oberlandes beschatten, dessen Hammerwerke manche Gegend beleben.
Im Murthale angelangt, stoßen wir auf das großartige Eisenwerk Zeltwcg; es liegt an dem Punkt, wo
die Tochter der Zirbitz, die Granitzen, nnd der Sohn des Tauern, der Pölsbach, in die Mur springen. Zu solcher
Wasserkraft hat sich die volle Dampfkraft gesellt, um die hundert Essen und tausend Räder zu beleben. Die dazu-
gehörigen Kohlen sind in den nahen Gebirgen aufgespeichert. Bei Dietersdorf entstand vor mehr als sechzig Jahren
ein Grubcnbrand, welcher heute noch fortfritzt in den großen Kohlenlagern und von Menschen nicht zu löschen ist. —
Wenn wir einen raschen Gang machen durch die finsteren, donnernden, funkensprühendcn Hütten von Zeltwcg, so
wäre freilich zu erzählen von der Gewinnung des Erzes, vom Kobern und Rüsten desselben, von den Hochöfen, in
welchen es geschmolzen, thcilwcisc von
Schlacken gereinigt nnd zu Roheisen
wird) zu erzählen von dem Frischen
und Bessemern, wodurch das Eisen mehr
und mehr verfeinert endlich zum welt-
berühmten steirischcn Stahle wird. Doch
dafür gibt es andere Lehrer, und wir
begnügen uns, die rußigeu, halbnackten
Arbeiter zu betrachten, die
durch die Hütten eilen und
poltern. Diese ziehen mit
riesigen Zangen weiß-
glühende Eisenblöcke, An-
dere schieben mit Stangen
die sprühenden Massen;
Andere leiten gewaltige
Maschinen, und es ist ein Schieß w
Schnauben und Brausen,
daß der Erdboden zittert. Wir beneiden die Menschen nicht, die in' solcher Umgebung wie mitten in der
Hölle — ihr Brot erwerben müssen. Laßt es aber nur erst Sonntag werden und ihr werdet sehen, wie sich
der Werksarbeiter und Bergknappe zu entschädigen weiß. Kein Wirthshans groß genug in der Gegend, keine
Musikbande zu theuer, kein Dirndl zn stolz. Wo Schmiede nnd Bergknappen sind, da haben die Bauern
lein Recht.
Wie es aber den Knappen manchmal übel ergehen kann, davon berichtet die Sage von Zeiring. Wenige
Stunden von Zeltweg im rninenreichen Thale der Pols liegt der nraltc Markt Zeiring. Hier manche Spur von
den alten Herren des Landes, den Römern; anch Kaiser Max I. hat sich längere Zeit in diesen Bergen auf-
gehalten. Einst min bestand bei Zeiring ein gar reichgesegnctcs Silbcrbergwerk. Da zechten und jubelten und
fluchten und kegelten eines Tages die übermüthigen Knappen, nnd wie Gottfried Leitner, der stcirische Uhland,
singt: ,,Das Silber im Beutel, das Silber im Schacht hat Allen die Köpfe wirbeln gemacht; sie meinen,
es gäb' leinen Kaiser und Herru, und selbst den Gottvater entthronten sie gern. — Da tritt, ein zartes Kind
an der Hand, gehüllt in ein schlechtes, graues Gewand, ein ältlich Weib von der Straße herbei, zu schmicn,
was da zu jubeln sei. Das liebliche Kind ergötzt sich sehr, es hüpfet und spähet hin und her, und kommen
dranßen die Kegel zum Fall, so lacht es darüber mit hellem Schall. Gefällt dir das draußen, du Affen -
gcsicht? schreit Einer es an, so vergaffe dich nicht! Ein And'rcr höhnt: das ist drollig, nicht wahr? Ich
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Unser Vaterland
Steiermark und Kärnten
- Title
- Unser Vaterland
- Subtitle
- Steiermark und Kärnten
- Authors
- Peter.K. Rosegger
- Fritz Pichler
- A. von Rauschenfels
- Publisher
- Gebrüder Kröner
- Location
- Stuttgart
- Date
- 1877
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 28.1 x 42.23 cm
- Pages
- 344
- Keywords
- Wandern
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918