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58 Steiermark,
der Wein gut und gemütherwärmend — eine kleine Andacht im nebenstehenden Kirchlein Maria Schnee, lassen uns
endlich vom Halter noch uon dem großen Viehmarttc erzählen, der alljährlich im August auf der Gleinalpe
stattfindet und die schönen Rinderarten der unteren Gegenden, mit denen des Murbodens und Mürzthales und
wohl auch Kärntens hier versammelt — dann gehen Wr zu Thalc. Das Ursprungsgebiet der Kainach hat außer
seinen zwei hübschen Ruinen Groß- und Altkainach kein besonderes Interesse; einladender däucht uns das mit
der Kainach parallel» laufende wiesenfrische Gradenbachthal mit seinen sangeslustigen Menschen. Im hintersten Orte
desselben, der Sala, treffen wir die erste Glashütte uon der bedeutend gewordenen steirischen Glasindustrie, die
besonders im nahen Köflach aufblüht. In diesem Thale finden sich auch mehrere Höhlen in Kalkfelsen, wovon
die „heidnische Kirche" die interessanteste ist. Diese Höhle hat ein prächtiges Eingangsthur, welches frei wie
ein Triumphbogen vor ihr steht. Der Rückblick durch das Thor ins lange Gradenthal hinaus ist zauberisch schön.
— Wenige Stunden davon liegt der industriereiche Ort Köflach. Die
>!öflacher Kohlenbergwerke versehen halb Steiermark mit Heizmateriale.
das Köflacherglas hat dem
böhmische» längst Rang
und Ruhm abgelaufen und
hat mit dem feinen belgi-
schen Bruderschaft gemacht.
Wasser nnd Dampf treiben
hier um die Wette Fabriken,
Eisenwerke, Holzsägen und
Mühlen. Bei Küflach, auf
einein seit Jahrhunderten
brennenden Braunkohlen-
berg steht die Wallfahrts-
kirche Üankowitz mit einem
,vranziskanertlustcr und
einer Straf- nnd Zucht-
anstalt für weibliche Ver-
brecher. Von Köflach geht eine gute Straße nach Kärntcn, eine andere durch das Gradenthal über die Stubalpe
nach Iudenburg, eine dritte endlich ist die Eisenbahn und würde uns in anderthalb Stunden gerne nach Graz
bringen. Wir fahren mit ihr aber nur bis zur nächsten Station Voitschberg, einer alten malerischen Stadt mit
Römcrsteinen, am Fuße der Ruinen Ober-Voitsberg nnd Greiscnegg. Im zwölften Jahrhundert ist dieser Stadt
von Herzog Friedrich ein Freihcitsbrief ausgestellt worden, durch welchen ihr die gleichen Rechte mit Graz gesichert
wurden. In Anbetracht solcher Begünstigungen hat sie's freilich bisher nicht allzuweit gebracht.
Unweit hinter Voitsbcrg, auf einem Felshügcl, unter welchem die Kainach wühlt, ragt die wunderbar malerische
Ruine Krems; zu ihren Füßen Eisenhämmer und Mühlen — ein prächtiges Bild. — Wir verlassen nnn die Kainach,
deren Thal sich immer breiter auseinanderlegt, immer mehr Ortschaften in sich aufnimmt, bis es ins weite Grazfeld
mündet, seinen klaren Bergfluß bei Wildon in die Mur ergießend. Die Wanderung ist für den echten Naturfreund
lohnend genug. Und echter Naturfreund ist der, welchen die milde Größe und Schöne eines freundlich blühenden
Hügelgeländes, einer frischgrünen, schattenreichen Waldgegend mit ihren sonnigen Hochmatten und murmelnden Wässern
zu beglücken vermag. Solchen ist die mittlere Steiermark das rechte Land. Ein Gang über das ewige Eis auf
Zehn- und Zwölftausendcrn bewegt Einen allerdings ganz anders, als ein fröhlich Hinschlendern zwischen Obstgärten
und durch Wälder; doch ist die wohlthätige Wirkung dieser letzteren nachhaltiger, als jene der majestätisch ernsten
Ruine Arems.
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Unser Vaterland
Steiermark und Kärnten
- Title
- Unser Vaterland
- Subtitle
- Steiermark und Kärnten
- Authors
- Peter.K. Rosegger
- Fritz Pichler
- A. von Rauschenfels
- Publisher
- Gebrüder Kröner
- Location
- Stuttgart
- Date
- 1877
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 28.1 x 42.23 cm
- Pages
- 344
- Keywords
- Wandern
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918