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Er zeigte für einen galizischen Edelmann und Gutsbesitzer wie für sein
Alter – er war kaum über dreißig – eine auffallende Nüchternheit des Wesens,
einen gewissen Ernst, ja sogar Pedanterie. Er lebte nach einem minutiös
ausgeführten, halb philosophischen, halb praktischen Systeme, gleichsam
nach der Uhr, und nicht das allein, zu gleicher Zeit nach dem Thermometer,
Barometer, Aerometer, Hydrometer, Hippokrates, Hufeland, Plato, Kant,
Knigge und Lord Chesterfield; dabei bekam er aber zu Zeiten heftige
Anfälle von Leidenschaftlichkeit, wo er Miene machte, mit dem Kopfe durch
die Wand zu gehen, und ihm ein jeder gerne aus dem Wege ging.
Während er also stumm blieb, sang dafür das Feuer im Kamin, sang der
große ehrwürdige Samowar, und der Ahnherrnstuhl, in dem ich, mich
schaukelnd, meine Zigarre rauchte, und das Heimchen im alten Gemäuer sang
auch, und ich ließ meinen Blick über das absonderliche Geräte, die
Tiergerippe, ausgestopften Vögel, Globen, Gipsabgüsse schweifen, welche in
seinem Zimmer angehäuft waren, bis er zufällig auf einem Bilde haften blieb,
das ich oft genug gesehen hatte, das mir aber gerade heute im roten
Widerschein des Kaminfeuers einen unbeschreiblichen Eindruck machte.
Es war ein großes Ölgemälde in der kräftigen farbensatten Manier der
belgischen Schule gemalt, sein Gegenstand seltsam genug.
Ein schönes Weib, ein sonniges Lachen auf dem feinen Antlitz, mit
reichem, in einen antiken Knoten geschlungenem Haare, auf dem der weiße
Puder wie leichter Reif lag, ruhte, auf den linken Arm gestützt, nackt in einem
dunkeln Pelz auf einer Ottomane; ihre rechte Hand spielte mit einer Peitsche,
während ihr bloßer Fuß sich nachlässig auf den Mann stützte, der vor ihr lag
wie ein Sklave, wie ein Hund, und dieser Mann, mit den scharfen, aber
wohlgebildeten Zügen, auf denen brütende Schwermut und hingebende
Leidenschaft lag, welcher mit dem schwärmerischen brennenden Auge eines
Märtyrers zu ihr emporsah, dieser Mann, der den Schemel ihrer Füße bildete,
war Severin, aber ohne Bart, wie es schien um zehn Jahre jünger.
»Venus im Pelz!« rief ich, auf das Bild deutend, »so habe ich sie im Traume
gesehen.« – »Ich auch«, sagte Severin, »nur habe ich meinen Traum mit
offenen Augen geträumt.«
»Wie?«
»Ach! das ist eine dumme Geschichte.«
»Dein Bild hat offenbar Anlaß zu meinem Traum gegeben«, fuhr ich fort,
»aber sage mir endlich einmal, was damit ist, daß es eine Rolle gespielt hat in
deinem Leben, und vielleicht eine sehr entscheidende, kann ich mir denken,
aber das weitere erwarte ich von dir.«
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Venus im Pelz
- Title
- Venus im Pelz
- Author
- Leopold Von Sacher-Masoch
- Date
- 1901
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 114
- Keywords
- Novelle, Liebe
- Categories
- Weiteres Belletristik