Page - 14 - in Venus im Pelz
Image of the Page - 14 -
Text of the Page - 14 -
dazu sagen?
Ich höre sie lachen.
Lacht sie über mich?
Vollmond! da blickt er schon über die Wipfel der niederen Tannen, welche
den Park einsäumen, und silberner Duft erfüllt die Terrasse, die
Baumgruppen, die ganze Landschaft, so weit das Auge reicht, in der Ferne
sanft verschwimmend, gleich zitternden Gewässern.
Ich kann nicht widerstehen, es mahnt und ruft mich so seltsam, ich kleide
mich wieder an und trete in den Garten.
Es zieht mich hin zur Wiese, zu ihr, meiner Göttin, meiner Geliebten.
Die Nacht ist kühl. Mich fröstelt. Die Luft ist schwer von Blumen- und
Waldgeruch, sie berauscht.
Welche Feier! Welche Musik ringsum. Eine Nachtigall schluchzt. Die
Sterne zucken nur leise in blaßblauem Schimmer. Die Wiese scheint glatt, wie
ein Spiegel, wie die Eisdecke eines Teiches.
Hehr und leuchtend ragt das Venusbild.
Doch – was ist das?
Von den marmornen Schultern der Göttin fließt bis zu ihren Sohlen ein
großer dunkler Pelz herab – ich stehe starr und staune sie an, und wieder faßt
mich jenes unbeschreibliche Bangen und ich ergreife die Flucht.
Ich beschleunige meine Schritte; da sehe ich, daß ich die Allee verfehlt
habe, und wie ich seitwärts in einen der grünen Gänge einbiegen will, sitzt
Venus, das schöne, steinerne Weib, nein, die wirkliche Liebesgöttin, mit
warmem Blute und pochenden Pulsen, vor mir auf einer steinernen Bank. Ja,
sie ist mir lebendig geworden, wie jene Statue, die für ihren Meister zu atmen
begann; zwar ist das Wunder erst halb vollbracht. Ihr weißes Haar scheint
noch von Stein und ihr weißes Gewand schimmert wie Mondlicht, oder ist es
Atlas? und von ihren Schultern fließt der dunkle Pelz – aber ihre Lippen sind
schon rot und ihre Wangen färben sich, und aus ihren Augen treffen mich
zwei diabolische, grüne Strahlen und jetzt lacht sie.
Ihr Lachen ist so seltsam, so – ach! es ist unbeschreiblich, es benimmt mir
den Atem, ich flüchte weiter und muß immer wieder nach wenigen Schritten
Atem holen und dieses spöttische Lachen verfolgt mich durch die düsteren
Laubgänge, über die hellen Rasenplätze, in das Dickicht, durch das nur
einzelne Mondstrahlen brechen; ich finde den Weg nicht mehr, ich irre umher,
14
back to the
book Venus im Pelz"
Venus im Pelz
- Title
- Venus im Pelz
- Author
- Leopold Von Sacher-Masoch
- Date
- 1901
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 114
- Keywords
- Novelle, Liebe
- Categories
- Weiteres Belletristik