Page - 25 - in Venus im Pelz
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»Dann kommt es noch darauf an, ob ich es mit Ihnen wagen will«, sprach
sie ruhig, »ich kann mir ganz gut denken, daß ich einem Mann für das Leben
gehöre, aber es müßte ein voller Mann sein, ein Mann, der mir imponiert, der
mich durch die Gewalt seines Wesens unterwirft, verstehen Sie? und jeder
Mann – ich kenne das – wird, sobald er verliebt ist – schwach, biegsam,
lächerlich, wird sich in die Hand des Weibes geben, vor ihr auf den Knien
liegen, während ich nur jenen dauernd lieben könnte, vor dem ich knien
würde. Aber Sie sind mir so lieb geworden, daß ich es mit Ihnen versuchen
will.«
Ich stürze zu ihren Füßen.
»Mein Gott! da knien Sie schon«, sprach sie spöttisch, »Sie fangen gut an«,
und als ich mich wieder erhoben hatte, fuhr sie fort: »Ich gebe Ihnen ein Jahr
Zeit, mich zu gewinnen, mich zu überzeugen, daß wir füreinander passen, daß
wir zusammen leben können. Gelingt Ihnen dies, dann bin ich Ihre Frau und
dann, Severin, eine Frau, welche ihre Pflichten streng und gewissenhaft
erfüllen wird. Während dieses Jahres werden wir wie in einer Ehe leben –«
Mir stieg das Blut zu Kopfe.
Auch ihre Augen flammten plötzlich auf. – »Wir werden
zusammenwohnen«, fuhr sie fort, »alle unsere Gewohnheiten teilen, um zu
sehen, ob wir uns ineinander finden können. Ich räume Ihnen alle Rechte
eines Gatten, eines Anbeters, eines Freundes ein. Sind Sie damit zufrieden?«
»Ich muß wohl.«
»Sie müssen nicht.«
»Also ich will –«
»Vortrefflich. So spricht ein Mann. Da haben Sie meine Hand.«
Seit zehn Tagen war ich keine Stunde ohne sie, die Nächte ausgenommen.
Ich durfte immerfort in ihre Augen sehen, ihre Hände halten, ihren Reden
lauschen, sie überallhin begleiten. Meine Liebe kommt mir wie ein tiefer,
bodenloser Abgrund vor, in dem ich immer mehr versinke, aus dem mich jetzt
schon nichts mehr retten kann.
Wir hatten uns heute nachmittag auf der Wiese zu den Füßen der
Venusstatue gelagert, ich pflückte Blumen und warf sie in ihren Schoß und sie
band sie zu Kränzen, mit denen wir unsere Göttin schmückten.
Plötzlich sah mich Wanda so eigentümlich, so sinnverwirrend an, daß
meine Leidenschaft gleich Flammen über mich zusammenschlug. Meiner
nicht mehr mächtig, schlang ich meine Arme um sie und hing an ihren Lippen
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Venus im Pelz
- Title
- Venus im Pelz
- Author
- Leopold Von Sacher-Masoch
- Date
- 1901
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 114
- Keywords
- Novelle, Liebe
- Categories
- Weiteres Belletristik