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besonders durch ein schönes Weib, da sich mir von jeher alle Poesie, wie alles
Dämonische im Weibe konzentrierte. Ich trieb mit demselben einen
förmlichen Kultus.
Ich sah in der Sinnlichkeit etwas Heiliges, ja das einzig Heilige, in dem
Weibe und seiner Schönheit etwas Göttliches, indem die wichtigste Aufgabe
des Daseins: die Fortpflanzung der Gattung vor allem ihr Beruf ist; ich sah im
Weibe die Personifikation der Natur, die Isis, und in dem Manne ihren
Priester, ihren Sklaven und sah sie ihm gegenüber grausam wie die Natur,
welche, was ihr gedient hat, von sich stößt, sobald sie seiner nicht mehr
bedarf, während ihm noch ihre Mißhandlungen, ja der Tod durch sie zur
wollüstigen Seligkeit werden.
Ich beneidete König Gunther, den die gewaltige Brunhilde in der
Brautnacht band; den armen Troubadour, den seine launische Herrin in
Wolfsfelle nähen ließ, um ihn dann gleich einem Wild zu jagen; ich beneidete
den Ritter Ctirad, den die kühne Amazone Scharka durch List im Walde bei
Prag gefangennahm, auf die Burg Divin schleppte, und nachdem sie sich
einige Zeit mit ihm die Zeit vertrieben hatte, auf das Rad flechten ließ –«
»Abscheulich!« rief Wanda, »ich würde Ihnen wünschen, daß Sie einem
Weibe dieser wilden Rasse in die Hände fielen, im Wolfsfell, unter den
Zähnen der Rüden oder auf dem Rade würde Ihnen schon die Poesie
vergehen.«
»Glauben Sie? ich glaube nicht.«
»Sie sind wirklich nicht ganz gescheit.«
»Möglich. Aber hören Sie weiter, ich las fortan mit einer wahren Gier
Geschichten, in denen die furchtbarsten Grausamkeiten geschildert, und sah
mit besonderer Lust Bilder, Stiche, auf denen sie zur Darstellung kamen, und
alle die blutigen Tyrannen, die je auf einem Throne saßen, die Inquisitoren,
welche die Ketzer foltern, braten, schlachten ließen, alle jene Frauen, welche
in den Blättern der Weltgeschichte als wollüstig, schön und gewalttätig
verzeichnet sind, wie Libussa, Lucretia Borgia, Agnes von Ungarn, Königin
Margot, Isabeau, die Sultanin Roxolane, die russischen Zarinnen des vorigen
Jahrhunderts, alle sah ich in Pelzen oder hermelinverbrämten Roben.«
»Und so erweckt Ihnen jetzt der Pelz Ihre seltsamen Phantasien«, rief
Wanda, und sie begann zu gleicher Zeit sich mit ihrem prächtigen Pelzmantel
kokett zu drapieren, so daß die dunklen glänzenden Zobelfelle entzückend um
ihre Büste, ihre Arme spielten. »Nun, wie ist Ihnen jetzt zumute, fühlen Sie
sich schon halb gerädert?«
Ihre grünen durchdringenden Augen ruhten mit einem seltsamen,
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Venus im Pelz
- Title
- Venus im Pelz
- Author
- Leopold Von Sacher-Masoch
- Date
- 1901
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 114
- Keywords
- Novelle, Liebe
- Categories
- Weiteres Belletristik