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»Meine Freundin begreift nicht, wie ich Sie lieben kann, sie findet Sie
weder schön noch sonst besonders anziehend, und dazu unterhält sie mich
vom Morgen bis in die Nacht hinein mit dem glänzenden frivolen Leben in
der Hauptstadt, mit den Ansprüchen, welche ich machen könnte, den großen
Partien, welche ich finden, den vornehmen, schönen Anbetern, welche ich
fesseln müßte. Aber was hilft dies alles, ich liebe Sie einmal.«
Mir verging einen Augenblick der Atem, dann sagte ich: »Ich wünsche bei
Gott nicht, Ihrem Glück im Wege zu sein, Wanda. Nehmen Sie auf mich keine
Rücksicht mehr.« Dabei zog ich meinen Hut ab und ließ sie vorangehen. Sie
sah mich erstaunt an, erwiderte jedoch keine Silbe.
Als ich aber auf dem Rückwege wieder zufällig in ihre Näht kam, drückte
sie mir verstohlen die Hand und ihr Blick traf mich so warm, so
glückverheißend, daß alle Qualen dieser Tage im Augenblick vergessen, alle
Wunden geheilt waren.
Jetzt weiß ich wieder so recht, wie ich sie liebe.
»Meine Freundin hat sich über dich beklagt«, sagte mir Wanda heute.
»Sie mag fühlen, daß ich sie verachte.«
»Weshalb verachtest du sie denn, kleiner Narr?« rief Wanda und nahm
mich mit beiden Händen bei den Ohren.
»Weil sie heuchelt«, sagte ich, »ich achte nur eine Frau, die tugendhaft ist,
oder offen dem Genusse lebt.«
»So wie ich«, entgegnete Wanda scherzend, »aber siehst du, mein Kind, die
Frau kann das nur in den seltensten Fällen. Sie kann weder so heiter sinnlich,
noch so geistig frei sein, wie der Mann, ihre Liebe ist stets ein aus
Sinnlichkeit und geistiger Neigung gemischter Zustand. Ihr Herz verlangt
darnach, den Mann dauernd zu fesseln, während sie selbst dem Wechsel
unterworfen ist; so kommt ein Zwiespalt, kommt Lüge und Trug, meist gegen
ihren Willen, in ihr Handeln, in ihr Wesen und verdirbt ihren Charakter.«
»Gewiß ist es so«, sagte ich, »der transzendentale Charakter, welchen die
Frau der Liebe aufdrücken will, führt sie zum Betrug.«
»Aber die Welt verlangt ihn auch«, fiel mir Wanda in das Wort, »sieh diese
Frau an, sie hat in Lemberg ihren Mann und ihren Liebhaber und hier hat sie
einen neuen Anbeter gefunden, und sie betrügt sie alle und ist doch von allen
verehrt und von der Welt geachtet.«
»Meinetwegen«, rief ich, »sie soll dich nur aus dem Spiele lassen, aber sie
behandelt dich ja wie eine Ware.«
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Venus im Pelz
- Title
- Venus im Pelz
- Author
- Leopold Von Sacher-Masoch
- Date
- 1901
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 114
- Keywords
- Novelle, Liebe
- Categories
- Weiteres Belletristik