Web-Books
in the Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Weiteres
Belletristik
Venus im Pelz
Page - 44 -
  • User
  • Version
    • full version
    • text only version
  • Language
    • Deutsch - German
    • English

Page - 44 - in Venus im Pelz

Image of the Page - 44 -

Image of the Page - 44 - in Venus im Pelz

Text of the Page - 44 -

»Meine Freundin begreift nicht, wie ich Sie lieben kann, sie findet Sie weder schön noch sonst besonders anziehend, und dazu unterhält sie mich vom Morgen bis in die Nacht hinein mit dem glänzenden frivolen Leben in der Hauptstadt, mit den Ansprüchen, welche ich machen könnte, den großen Partien, welche ich finden, den vornehmen, schönen Anbetern, welche ich fesseln müßte. Aber was hilft dies alles, ich liebe Sie einmal.« Mir verging einen Augenblick der Atem, dann sagte ich: »Ich wünsche bei Gott nicht, Ihrem Glück im Wege zu sein, Wanda. Nehmen Sie auf mich keine Rücksicht mehr.« Dabei zog ich meinen Hut ab und ließ sie vorangehen. Sie sah mich erstaunt an, erwiderte jedoch keine Silbe. Als ich aber auf dem Rückwege wieder zufällig in ihre Näht kam, drückte sie mir verstohlen die Hand und ihr Blick traf mich so warm, so glückverheißend, daß alle Qualen dieser Tage im Augenblick vergessen, alle Wunden geheilt waren. Jetzt weiß ich wieder so recht, wie ich sie liebe. »Meine Freundin hat sich über dich beklagt«, sagte mir Wanda heute. »Sie mag fühlen, daß ich sie verachte.« »Weshalb verachtest du sie denn, kleiner Narr?« rief Wanda und nahm mich mit beiden Händen bei den Ohren. »Weil sie heuchelt«, sagte ich, »ich achte nur eine Frau, die tugendhaft ist, oder offen dem Genusse lebt.« »So wie ich«, entgegnete Wanda scherzend, »aber siehst du, mein Kind, die Frau kann das nur in den seltensten Fällen. Sie kann weder so heiter sinnlich, noch so geistig frei sein, wie der Mann, ihre Liebe ist stets ein aus Sinnlichkeit und geistiger Neigung gemischter Zustand. Ihr Herz verlangt darnach, den Mann dauernd zu fesseln, während sie selbst dem Wechsel unterworfen ist; so kommt ein Zwiespalt, kommt Lüge und Trug, meist gegen ihren Willen, in ihr Handeln, in ihr Wesen und verdirbt ihren Charakter.« »Gewiß ist es so«, sagte ich, »der transzendentale Charakter, welchen die Frau der Liebe aufdrücken will, führt sie zum Betrug.« »Aber die Welt verlangt ihn auch«, fiel mir Wanda in das Wort, »sieh diese Frau an, sie hat in Lemberg ihren Mann und ihren Liebhaber und hier hat sie einen neuen Anbeter gefunden, und sie betrügt sie alle und ist doch von allen verehrt und von der Welt geachtet.« »Meinetwegen«, rief ich, »sie soll dich nur aus dem Spiele lassen, aber sie behandelt dich ja wie eine Ware.« 44
back to the  book Venus im Pelz"
Venus im Pelz
Title
Venus im Pelz
Author
Leopold Von Sacher-Masoch
Date
1901
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
114
Keywords
Novelle, Liebe
Categories
Weiteres Belletristik
Web-Books
Library
Privacy
Imprint
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Venus im Pelz