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hinzufügen, und überhaupt wirst du ihn erst an Ort und Stelle unterzeichnen.«
»In Konstantinopel?«
»Nein. Ich habe es mir überlegt. Welchen Wert hat es für mich, dort einen
Sklaven zu haben, wo jeder Sklaven hat; ich will hier in unserer gebildeten,
nüchternen, philisterhaften Welt, ich allein einen Sklaven haben, und zwar
einen Sklaven, den nicht das Gesetz, nicht mein Recht oder rohe Gewalt,
sondern ganz allein die Macht meiner Schönheit und meines Wesens willenlos
in meine Hand gibt. Das finde ich pikant. Jedenfalls gehen wir in ein Land,
wo man uns nicht kennt, und wo du daher ohne Anstand vor der Welt als mein
Diener auftreten kannst. Vielleicht nach Italien, nach Rom oder Neapel.«
Wir saßen auf Wandas Ottomane, sie in der Hermelinjacke, das offene Haar
wie eine Löwenmähne über den Rücken, und sie hing an meinen Lippen und
sog mir die Seele aus dem Leibe. Mir wirbelte der Kopf, das Blut begann mir
zu sieden, mein Herz pochte heftig gegen das ihre.
»Ich will ganz in deiner Hand sein, Wanda«, rief ich plötzlich, von jenem
Taumel der Leidenschaft ergriffen, in dem ich kaum mehr klar denken oder
frei beschließen kann, »ohne jede Bedingung, ohne jede Beschränkung deiner
Gewalt über mich, ich will mich auf Gnade und Ungnade deiner Willkür
überliefern.« Während ich dies sprach, war ich von der Ottomane zu ihren
Füßen herabgesunken und blickte trunken zu ihr empor.
»Wie schön du jetzt bist«, rief sie, »dein Auge wie in einer Verzückung
halb gebrochen, entzückt mich, reißt mich hin, dein Blick müßte wunderbar
sein, wenn du totgepeitscht würdest, im Verenden. Du hast das Auge eines
Märtyrers.«
Manchmal wird mir doch etwas unheimlich, mich so ganz, so
bedingungslos in die Hand eines Weibes zu geben. Wenn sie meine
Leidenschaft, ihre Macht mißbraucht?
Nun dann erlebe ich, was seit Kindesbeinen meine Phantasie beschäftigte,
mich stets mit süßem Grauen erfüllte. Törichte Besorgnis! Es ist ein
mutwilliges Spiel, das sie mit mir treibt, mehr nicht. Sie liebt mich ja, und sie
ist so gut, eine noble Natur, jeder Treulosigkeit unfähig; aber es liegt dann in
ihrer Hand – sie kann, wenn sie will – welcher Reiz in diesem Zweifel, dieser
Furcht.
Jetzt verstehe ich die Manon l’Escault und den armen Chevalier, der sie
auch noch als die Maitresse eines anderen, ja auf dem Pranger anbetet.
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Venus im Pelz
- Title
- Venus im Pelz
- Author
- Leopold Von Sacher-Masoch
- Date
- 1901
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 114
- Keywords
- Novelle, Liebe
- Categories
- Weiteres Belletristik