Page - 53 - in Venus im Pelz
Image of the Page - 53 -
Text of the Page - 53 -
»Und du!« brauste ich auf.
»Ich bin eigensinnig«, sagte sie, »das weißt du. Ich bin nicht im
Phantasieren stark und im Ausführen schwach wie du; wenn ich mir etwas
vornehme, führe ich es aus, und um so gewisser, je mehr Widerstand ich
finde. Laß mich!«
Sie stieß mich von sich und stand auf.
»Wanda!« Ich erhob mich gleichfalls und stand ihr Aug’ in Auge
gegenüber.
»Du kennst mich jetzt«, fuhr sie fort, »ich warne dich noch einmal. Du hast
noch die Wahl. Ich zwinge dich nicht, mein Sklave zu werden.«
»Wanda«, antwortete ich bewegt, mir traten Tränen in die Augen, »du
weißt nicht, wie ich dich liebe.«
Sie zuckte verächtlich die Lippen.
»Du irrst dich, du machst dich häßlicher, als du bist, deine Natur ist viel zu
gut, zu nobel –«
»Was weißt du von meiner Natur«, unterbrach sie mich heftig, »du sollst
mich noch kennen lernen.«
»Wanda!«
»Entschließe dich, willst du dich fügen, unbedingt?«
»Und wenn ich nein sage.«
»Dann –«
Sie trat kalt und höhnisch auf mich zu, und wie sie jetzt vor mir stand, die
Arme auf der Brust verschränkt, mit dem bösen Lächeln um die Lippen, war
sie in der Tat das despotische Weib meiner Phantasie und ihre Züge
erschienen hart, und in ihrem Blicke lag nichts, was Güte oder Erbarmen
versprach. »Gut –« sprach sie endlich.
»Du bist böse«, sagte ich, »du wirst mich peitschen.«
»O nein!« entgegnete sie, »ich werde dich gehen lassen. Du bist frei. Ich
halte dich nicht.«
»Wanda – mich, der dich so liebt –«
»Ja, Sie, mein Herr, der Sie mich anbeten«, rief sie verächtlich, »aber ein
Feigling, ein Lügner, ein Wortbrüchiger sind. Verlassen Sie mich
augenblicklich –«
»Wanda! –«
53
back to the
book Venus im Pelz"
Venus im Pelz
- Title
- Venus im Pelz
- Author
- Leopold Von Sacher-Masoch
- Date
- 1901
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 114
- Keywords
- Novelle, Liebe
- Categories
- Weiteres Belletristik