Page - 68 - in Venus im Pelz
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gelangt man in ein Badezimmer mit einem herrlichen Marmorbassin, aus dem
eine Wendeltreppe in das Schlafgemach der Herrin führt.
Wanda bewohnt das erste Stockwerk allein.
Mir wurde ein Zimmer ebener Erde angewiesen, es ist sehr hübsch und hat
sogar einen Kamin.
Ich habe den Garten durchstreift und auf einem runden Hügel einen kleinen
Tempel entdeckt, dessen Tor ich verschlossen fand; aber das Tor hat eine
Ritze, und wie ich das Auge an dieselbe lege, sehe ich auf weißem Piedestal
die Liebesgöttin stehen. Mich ergreift ein leiser Schauer. Mir ist, als lächle sie
mir zu: »Bist du da? Ich habe dich erwartet.«
Es ist Abend. Eine hübsche kleine Zofe bringt mir den Befehl, vor der
Herrin zu erscheinen. Ich steige die breite Marmortreppe empor, gehe durch
den Vorsaal, einen großen mit verschwenderischer Pracht eingerichteten
Salon und klopfe an die Türe des Schlafgemachs. Ich klopfe sehr leise, denn
der Luxus, den ich überall entfaltet sehe, beängstigt mich, und so werde ich
nicht gehört und stehe einige Zeit vor der Türe. Mir ist zumute, als stände ich
vor dem Schlafgemach der großen Katharina und als müßte sie jeden
Augenblick im grünen Schlafpelz mit dem roten Ordensbande auf der bloßen
Brust und mit ihren kleinen, weißen, gepuderten Löckchen heraustreten.
Ich klopfe wieder. Wanda reißt ungeduldig den Flügel auf.
»Warum so spät?« fragt sie.
»Ich stand vor der Türe, du hast mein Klopfen nicht gehört«, entgegnete
ich schüchtern. Sie schließt die Türe, hängt sich in mich ein und führt mich zu
der rotdamastenen Ottomane, auf der sie geruht hat. Die ganze Einrichtung
des Zimmers, Tapeten, Vorhänge, Portieren, Himmelbett, alles ist von rotem
Damast, und die Decke bildet ein herrliches Gemälde, Simson und Delila.
Wanda empfängt mich in einem betörenden Deshabillee, das weiße
Atlasgewand fließt leicht und malerisch an ihrem schlanken Leib herab und
läßt Arme und Büste bloß, welche sich weich und nachlässig in die dunklen
Felle des großen grünsamtenen Zobelpelzes schmiegen. Ihr rotes Haar fällt,
halb offen, von Schnüren schwarzer Perlen gehalten, über den Rücken bis zur
Hüfte herab.
»Venus im Pelz«, flüstre ich, während sie mich an ihre Brust zieht und mit
ihren Küssen zu ersticken droht. Dann spreche ich kein Wort mehr und denke
auch nicht mehr, alles geht unter in einem Meere niegeahnter Seligkeit.
Wanda macht sich endlich sanft los und betrachtete sich, auf den einen Arm
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Venus im Pelz
- Title
- Venus im Pelz
- Author
- Leopold Von Sacher-Masoch
- Date
- 1901
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 114
- Keywords
- Novelle, Liebe
- Categories
- Weiteres Belletristik