Page - 77 - in Venus im Pelz
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Heute habe ich sie zu einer Soirée begleitet. Im Vorzimmer befahl sie mir,
ihr den Pelz abzunehmen, dann trat sie mit einem stolzen Lächeln, ihres
Sieges gewiß, in den glänzend erleuchteten Saal, und ich konnte wieder
Stunde auf Stunde in trüben einförmigen Gedanken verrinnen sehen; von Zeit
zu Zeit tönte Musik zu mir heraus, wenn die Türe einen Augenblick geöffnet
blieb. Ein paar Lakaien versuchten ein Gespräch mit mir einzuleiten, da ich
aber nur wenige Worte italienisch spreche, gaben sie es bald auf.
Ich schlafe endlich ein und träume, daß ich Wanda in einem wütenden
Anfall von Eifersucht morde und zum Tode verurteilt werde, ich sehe mich an
das Brett geschnallt, das Beil fällt, ich fühle es im Nacken, aber ich lebe noch
–
Da schlägt mich der Henker ins Gesicht –
Nein, es ist nicht der Henker, es ist Wanda, welche zornig vor mir steht und
ihren Pelz verlangt. Ich bin im Augenblick bei ihr und helfe ihr hinein.
Es ist doch ein Genuß, einem schönen üppigen Weibe einen Pelz
umzugeben, zu sehen, zu fĂĽhlen, wie ihr Nacken, ihre herrlichen Glieder sich
in die köstlichen weichen Felle schmiegen, und die wogenden Locken
aufzuheben und ĂĽber den Kragen zu legen, und dann wenn sie ihn abwirft und
die holde Wärme und ein leichter Duft ihres Leibes hängen an den goldenen
Haarspitzen des Zobels – es ist um die Sinne zu verlieren!
Endlich ein Tag ohne Gäste, ohne Theater, ohne Gesellschaft. Ich atme auf.
Wanda sitzt in der Galerie und liest, fĂĽr mich scheint sie keinen Auftrag zu
haben. Mit der Dämmerung, dem silbernen Abendnebel zieht sie sich zurück.
Ich bediene sie beim Diner, sie speist allein, aber sie hat keinen Blick, keine
Silbe für mich, nicht einmal – eine Ohrfeige.
Ach! wie sehne ich mich nach einem Schlag von ihrer Hand.
Mir kommen die Tränen, ich fühle, wie tief sie mich erniedrigt hat, so tief,
daß sie es nicht einmal der Mühe wert findet, mich zu quälen, zu mißhandeln.
Ehe sie zu Bette geht, ruft mich ihre Klingel.
»Du wirst heute nacht bei mir schlafen, ich habe die vorige Nacht
abscheuliche Träume gehabt und fürchte mich, allein zu sein. Nimm dir ein
Polster von der Ottomane und lege dich auf das Bärenfell zu meinen Füßen.«
Hierauf verlöschte Wanda die Lichter, so daß nur eine kleine Ampel von
der Decke herab das Zimmer beleuchtete, und stieg in das Bett. »Rühre dich
nicht, damit du mich nicht weckst.«
Ich tat, wie sie befohlen hatte, aber ich konnte lange nicht einschlafen; ich
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Venus im Pelz
- Title
- Venus im Pelz
- Author
- Leopold Von Sacher-Masoch
- Date
- 1901
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 114
- Keywords
- Novelle, Liebe
- Categories
- Weiteres Belletristik