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sah das schöne Weib, schön wie eine Göttin, in ihrem dunklen Schlafpelz
ruhen, auf dem Rücken liegend, die Arme unter dem Nacken, von ihren roten
Haaren überflutet; ich hörte, wie sich ihre herrliche Brust in tiefem
regelmäßigen Atemholen hob, und jedesmal, wenn sie sich nur regte, war ich
wach und lauschte, ob sie meiner bedürfe.
Aber sie bedurfte meiner nicht.
Ich hatte keine andere Aufgabe zu erfüllen, keine höhere Bedeutung für sie,
als ein Nachtlicht oder ein Revolver, den man sich zum Bette legt.
Bin ich toll oder ist sie es? Entspringt dies alles in einem erfinderischen
mutwilligen Frauengehirne, in der Absicht, meine übersinnlichen Phantasien
zu übertreffen, oder ist dies Weib wirklich eine jener neronischen Naturen,
welche einen teuflischen Genuß darin finden, Menschen, welche denken und
empfinden und einen Willen haben wie sie selbst, gleich einem Wurme unter
dem Fuße zu haben?
Was habe ich erlebt!
Als ich mit dem Kaffeebrett vor ihrem Bette niederkniete, legte Wanda
plötzlich die Hand auf meine Schulter und tauchte ihre Augen tief in die
meinen.
»Was du für schöne Augen hast«, sprach sie leise, »und jetzt erst recht,
seitdem du leidest. Bist du recht unglücklich?«
Ich senkte den Kopf und schwieg.
»Severin! liebst du mich noch«, rief sie plötzlich leidenschaftlich, »kannst
du mich noch lieben?« und sie riß mich mit solcher Gewalt an sich, daß das
Brett umklappte, die Kannen und Tassen zu Boden fielen und der Kaffee über
den Teppich lief.
»Wanda – meine Wanda«, schrie ich auf und preßte sie heftig an mich und
bedeckte ihren Mund, ihr Antlitz, ihre Brust mit Küssen. »Das ist ja mein
Elend, daß ich dich immer mehr, immer wahnsinniger liebe, je mehr du mich
mißhandelst, je öfter du mich verratest! oh! ich werde noch sterben vor
Schmerz und Liebe und Eifersucht.«
»Aber ich habe dich ja noch gar nicht verraten, Severin«, erwiderte Wanda
lächelnd.
»Nicht? Wanda! Um Gottes willen! scherze nicht so unbarmherzig mit
mir«, rief ich. »Habe ich nicht selbst den Brief zum Fürsten –«
»Allerdings, eine Einladung zum Dejeuner.«
»Du hast, seitdem wir in Florenz sind –«
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Venus im Pelz
- Title
- Venus im Pelz
- Author
- Leopold Von Sacher-Masoch
- Date
- 1901
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 114
- Keywords
- Novelle, Liebe
- Categories
- Weiteres Belletristik