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»Dir die Treue vollkommen bewahrt«, entgegnete Wanda, »ich schwöre es
dir bei allem, was mir heilig ist. Ich habe alles nur getan, um deine Phantasie
zu erfüllen, nur deinetwegen.
Aber ich werde mir einen Anbeter nehmen, sonst ist die Sache nur halb,
und du machst mir am Ende noch Vorwürfe, daß ich nicht grausam genug
gegen dich war. Mein lieber, schöner Sklave! Heute aber sollst du wieder
einmal Severin, sollst du ganz nur mein Geliebter sein. Ich habe deine Kleider
nicht fortgegeben, du findest sie hier im Kasten, ziehe dich so an, wie du
damals warst in dem kleinen Karpatenbade, wo wir uns so innig liebten;
vergiß alles, was seitdem geschehen ist, o, du wirst es leicht vergessen in
meinen Armen, ich küsse dir allen Kummer weg.«
Sie begann mich wie ein Kind zu zärteln, zu küssen, zu streicheln. Endlich
bat sie mit holdem Lächeln: »Zieh’ dich jetzt an, auch ich will Toilette
machen; soll ich meine Pelzjacke nehmen? Ja, ja, ich weiß schon, geh nur!«
Als ich zurückkam, stand sie in ihrer weißen Atlasrobe, der roten mit
Hermelin besetzten Kazabaika, das Haar weiß gepudert, ein kleines
Diamantendiadem über der Stirne, in der Mitte des Zimmers. Einen
Augenblick erinnerte sie mich unheimlich an Katharina II., aber sie ließ mir
keine Zeit zu Erinnerungen, sie zog mich zu sich auf die Ottomane und wir
verbrachten zwei selige Stunden; sie war jetzt nicht die strenge, launische
Herrin, sie war ganz nur die feine Dame, die zärtliche Geliebte. Sie zeigte mir
Photographien, Bücher, welche eben erschienen waren, und sprach mit mir
über dieselben mit so viel Geist und Klarheit und Geschmack, daß ich mehr
als einmal entzückt ihre Hand an die Lippen führte. Sie ließ mich dann ein
paar Gedichte von Lermontow vortragen, und als ich recht im Feuer war –
legte sie die kleine Hand liebevoll auf die meine und fragte, während ein
holdes Vergnügen auf ihren weichen Zügen, in ihrem sanften Blicke lag, »bist
du glücklich?«
»Noch nicht.«
Sie legte sich hierauf in die Polster zurück und öffnete langsam ihre
Kazabaika.
Ich aber deckte den Hermelin rasch wieder über ihre halbentblößte Brust.
»Du machst mich wahnsinnig«, stammelte ich.
»So komm.«
Schon lag ich in ihren Armen, schon küßte sie mich wie eine Schlange mit
der Zunge; da flüsterte sie noch einmal: »Bist du glücklich?«
»Unendlich!« rief ich.
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Venus im Pelz
- Title
- Venus im Pelz
- Author
- Leopold Von Sacher-Masoch
- Date
- 1901
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 114
- Keywords
- Novelle, Liebe
- Categories
- Weiteres Belletristik