Page - 93 - in Venus im Pelz
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So aufgeregt habe ich meine Löwin noch nie gesehen. Ihre Wangen
loderten, als sie vor der Treppe ihrer Villa vom Wagen sprang, die Stufen
hinaufeilte und mich mit einem gebieterischen Wink ihr folgen hieß.
Mit großen Schritten in ihrem Gemache auf und ab eilend, begann sie mit
einer Hast, die mich erschreckte.
»Du wirst erfahren, wer der Mann in den Cascinen war, heute noch, sofort.
–
O welch ein Mann! Hast du ihn gesehen? Was sagst du? Sprich.«
»Der Mann ist schön«, erwiderte ich dumpf.
»Er ist so schön –« sie hielt inne und stützte sich auf die Lehne eines
Sessels – »daß es mir den Atem benommen hat.«
»Ich begreife den Eindruck, den er dir gemacht hat«, antworte ich; meine
Phantasie riß mich wieder im wilden Wirbel fort – »ich selbst war außer mir,
und ich kann mir denken –«
»Du kannst dir denken«, lachte sie auf, »daß dieser Mann mein Geliebter
ist, und daß er dich peitscht, und es dir ein Genuß ist, von ihm gepeitscht zu
werden.
Geh jetzt, geh.«
Ehe es Abend war, hatte ich ihn ausgekundschaftet.
Wanda war noch in voller Toilette, als ich zurückkehrte, sie lag auf der
Ottomane, das Gesicht in den Händen vergraben, das Haar verwirrt, gleich
einer roten Löwenmähne.
»Wie nennt er sich?« fragte sie mit unheimlicher Ruhe.
»Alexis Papadopolis.«
»Ein Grieche also.«
Ich nickte.
»Er ist sehr jung?«
»Kaum älter als du selbst. Man sagt, er sei in Paris gebildet und nennt ihn
einen Atheisten. Er hat auf Candia gegen die Türken gekämpft und soll sich
dort nicht weniger durch seinen Rassehaß und seine Grausamkeit, wie durch
seine Tapferkeit ausgezeichnet haben.«
»Also alles in allem, ein Mann«, rief sie mit funkelnden Augen.
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Venus im Pelz
- Title
- Venus im Pelz
- Author
- Leopold Von Sacher-Masoch
- Date
- 1901
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 114
- Keywords
- Novelle, Liebe
- Categories
- Weiteres Belletristik