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Vorbemerkungen30
Bei diesem Text handelt es sich um die Transkription eines Gesprächs, das am 2. Juli
1970 im Logotherapy Institute an der United States International University in San
Diego stattgefunden hat. An diesem Gespräch nahmen außer Viktor E. Frankl auch
Eleonore Frankl, Rabbi Reuven P. Bulka, Institutsdirektor George Vlahos und Tom
McDonald teil. Frankl kommentiert hier ausgewählte Stellen und Sätze der Magisterar-
beit von Reuven P. Bulka. Diese Arbeit, die 1969 im Fach Religionswissenschaft an der
Universität von Ottawa in Canada eingereicht worden ist, beschäftigt sich mit der Trag-
fähigkeit von Frankls logotherapeutischem System als einer säkularen Theorie (Bulka
1969). Auszüge dieses Gesprächs sind später, im Jahre 1971 als Anhang zur philoso-
phischen Dissertation von Reuven P. Bulka erschienen, in der das Thema Konfessionelle
Implikationen der religiösen Art der Logotherapie untersucht wird (Bulka 1971, 121–140).
Frankl zollt Rabbi Bulka, dem ersten jĂĽdischen Gelehrten, der die Logotherapie
aufnimmt, eindeutig Anerkennung:
He deserves it. After all, this is the first really Jewish dissertation, he is the first Jewish scholar
to take up logotherapy, and this makes for a bias, that I love him, and I love this work.
Seinen Thesen gegenĂĽber ĂĽbt Frankl indessen konstruktive und positive Kritik.
Frankl hat nichts dagegen einzuwenden, wenn Rabbi Bulka meint, die talmudische
Weisheit sei die logische Schlussfolgerung aus der Logotherapie. Frankl weist je-
doch den Vorwurf zurück, er habe es versäumt, einen letzten Schritt in Richtung
Transzendenz zu tun, und nur deshalb sei die Logotherapie eine säkulare Theorie
geblieben. Frankl verteidigt seine klare Position in dieser Frage: Die Logotherapie
kann als sinnzentrierte Psychotherapie gar nicht anders, als säkular zu bleiben, wenn
sie in der klinisch orientierten Psychiatrie ernst genommen werden will. Nur so
kann Frankl weiter den Anspruch erheben, die Logotherapie erreiche als Denksys-
tem sowohl Patienten atheistischer oder agnostischer Weltanschauung als auch reli-
giöse Menschen. Die Logotherapie wolle also die Religion nicht ersetzen, bzw. nicht
ĂĽberflĂĽssig machen, denn diese spiele sich in einer anderen Dimension ab als die
Psychotherapie:
What is even more important is that if I now took this step you are again and again demanding
of me, or of logotherapy, to step beyond the boundaries of logotherapy as a secular system,
I not only would leave myself, and for that matter, logotherapy, open to heavy criticism and
attack from any psychiatric school and just discredit logotherapy as a psychotherapy, but it
would also be a disservice to you and to religion in general; because if I really took this step the
Talmud would no longer be necessary, and you, as it were, would lose your job as a Rabbi. I
Open Access © 2018 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
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Viktor E. Frankl
Gesammlte Werke
Psychotherapie, Psychiatrie und Religion. Ăśber das Grenzgebiet zwischen Seelenheilkunde und Glauben
- Title
- Viktor E. Frankl
- Subtitle
- Gesammlte Werke
- Authors
- Alexander Batthyany
- János Vik
- Karlheinz Biller
- Eugenio Fizzotti
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20574-6
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 318
- Keywords
- Psychotherapie, Psychologie, Psychiatrie, Religion, Logotherapie, Existenzanalyse, Viktor Frankl
- Category
- Geisteswissenschaften