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InÖsterreich startete der „werbendeFilm“ vornehmlich imBereichder Touris-
musbranche. Die erste kinematographischeReklame für einenKonsumgüterartikel
lässt sich fürdas Jahr 1913belegen.WIENINETTE ZU IHREMAUSGANGKAMwirbt fürdas
WaschmittelNeubozon,daszu„denSpitzenreitern“seinerWarenkategorie„zählte“
und von 1908 bis 1940 von der Unternehmerfamilie Neuber produziert wurde.219
DieWerbebotschaften „NurmitNeubozonblendendweißeWäsche!“oder „Neubo-
zonwäscht von selbst“ fandenvornehmlichauf Plakaten, Blechschildern, Postkar-
ten oder inAnzeigen ihrenNiederschlag.220 Vor demErstenWeltkrieg erprobte die
Firmenleitung eine weitere Reklameform und beauftragte die „Sascha-Filmfabrik“
mit der Konzeption und Umsetzung eines Werbefilms. Eine Kopie des Streifens
sowie das Originaldrehbuch finden sich in der Sammlung des Filmarchiv Austria.
Dabei handelt es sich zudemumdas älteste erhaltene Skript der österreichischen
Filmhistorie.
WIENINETTEZU IHREMAUSGANGKAMweistdienarrativeMakrostruktureinesklas-
sischen Waschmittelspots auf: Problemsituation, Konkretisierung des Problems,
Empfehlung, Anwendung, Wirkungsdemonstration, Problemlösung, Bestätigung
undSchlussappell.221DieErzählweiseunddieÜberzeugungsstrategienbasierenauf
einer dissoziativen Dramaturgie:222 VerschmutzeWäschewird als ein Problem er-
kannt, ein empfohlenes Produkt zur Anwendung gebracht und seine Wirkungs-
weise demonstriert. Die (hygienisch) saubere und farbechteWäsche bestätigt den
Erfolg desWaschmittels. Das Problem ist gelöst, ein eindringlicher Schlussappell
preist denVerkaufsartikel nochmals an.Dabeiwerden „Alltagssituationen“ strapa-
ziert, die „der potentiellenKäuferin“ (die Filme richten sich fast ausschließlich an
einweiblichesPublikum)NäheundVertrautheitvermittelnsollen.
Der erste österreichische Konsumgüterwerbefilm folgt der Erzählform Slice-of-
life. Das Setting gibt ein Motiv aus dem Arbeitsalltag wieder. Eine Waschküche
wurde arrangiert. Ein Wäschekasten und ein Bügelbrett (links im Bild), Wäsche-
körbe und ein Waschtrog (rechts im Bild) sowie eine quer durch den Raum ge-
spannte Wäscheleine legen die Funktion des Raums fest. Der mit Kreide an die
Wandgemalte Satz „Der Franz, der Schuft“wie auchdie denFilmtitel erläuternde
Bemerkung „Ein Scherz von Robert Reich“ verweisen auf den humoristischen
Volksstückcharakter des Reklamestreifens. Auchdas inszenierte „Bühnenbild“mit
einer mittig ausgerichteten Tür, die den Darstellerinnen und Darstellern Auftritt
undAbgangermöglichen,zeigendieNähezumTheater-Einakterdeutlichauf.
219 Fischler,Gerhard/Kristen, Johanna: 1865–1990. 125 JahreWilhelmNeuber,Wien1990,S. 14.
220 Vgl.dazudas InterviewmitGerhardFischler (UrenkeldesFirmengründersFranzNeuber):Sie-
rek,WIENINETTEZU IHREMAUSGANGKAM,CD-Rom, Interviewsequenzen.
221 Vgl.dazuauch:Heiser,Drehbuch,S. 217.
222 ZuDramatisierungsstrategien in derWerbung siehe hier: Schmidt/Spieß, Kommerzialisierung
derKommunikation,S. 156–158. 4.4 WieNinettezu ihremAusgangkam 47
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Der österreichische Werbefilm
Die Genese eines Genres von seinen Anfängen bis 1938
- Title
- Der österreichische Werbefilm
- Subtitle
- Die Genese eines Genres von seinen Anfängen bis 1938
- Author
- Karin Moser
- Publisher
- De Gruyter Open Ltd
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-062230-0
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 316
- Keywords
- Culture of memory, media history, advertising
- Category
- Kunst und Kultur