Page - 107 - in Die Wiener Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät 1918–1938
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nistet hat, […]zu exmatrikulierenund […]dieseLeute an ihreHeimatshoch-
schulenzuweisen«22.MitdiesenundanderenHochschulforderungen,dienicht
nur seitens der »deutschbürgerlichen Studentenschaft«, sondern auch durch
sozialdemokratische und jüdische Studenten eingebracht wurden,23 befasste
sich der Akademische Senat unter demVorsitz des Rektors Friedrich Johann
BeckeinFolgeundbeauftragteeineKommissionbestehendausdenProdekanen
Josef Lehner24 (Theologie),HansVoltelini (Rechts- undStaatswissenschaften),
Artur Schattenfroh (Medizin) und Eduard Brückner (Philosophie) mit der
Ausarbeitung eines Vorschlages, der sich unter anderemmit Bestimmungen
über Immatrikulation und Inskription und Volkszugehörigkeit der Universi-
tätsangehörigenbeschäftigte.
Hinsichtlich der Inskriptionsvoraussetzungen verwies der Vorschlag auf das
neue(nochnichtkundgemachte)Staatsbürgerrechtundpostulierteeinengleichen
Zugang aller Staatsbürger/innen ohneRücksicht auf »Konfession undNationali-
tät [!]«jedochvorbehaltlicheineseventuellennumerusclausus.BeiInskriptionund
ZuteilungzuLehrveranstaltungensollten inder»Übergangszeit«»Angehörigeder
deutschenNationalität denVorzug vordenFremdnationalen gleicherKategorie«
genießen– »StudierendedeutscherNationalität ausBöhmen,MährenundSchle-
sien,ausdensüdslav.TeilenvonKärnten,Steiermar[k],KrainundKüstenland,aus
Westungarn, demdeutschenBanat und Siebenbürgenund aus den abgetretenen
Gebieten von Tirol werden den Deutschösterreichern deutscher Nationalität
gleichgestellt.«25Daraus ergab sich eineUngleichbehandlungderdeutschösterrei-
chischen Staatsbürger/innen, da Personen deutscher Nationalität (sogar Nicht-
staatsbürger/innen!) besser gestellt wurden als deutschösterreichische Staatsbür-
ger/innennichtdeutscherNationalität.
Dieser Vorschlag richtete sich zwar gegen jüdische Studierende bzw. Stu-
dierende jüdischerHerkunft,derendeutscheNationalitätwohl inFragegestellt
werdenwürde, vor allem jedochwurdemit diesem Entwurf das Ziel verfolgt
Studierende aus Galizien (das im Hinblick auf Gleichstellungen mit Absicht
nicht berücksichtigtwurde) vondemStudiumanderUniversitätWienauszu-
schließen.DieseGruppeanStudierenden setzte sich zu einemgroßenTeil aus
jüdischen Flüchtlingen zusammen, die während des Ersten Weltkrieges aus
Angst vor Pogromen von Galizien nach Wien geflohen waren – Lichtblau
22 Detailausführungen zu den am 27.11. 1918 überreichten Hochschulforderungen, UAW,
AkademischerSenatGZ281ex1918/19.
23 Vgl. Protokoll der Sitzung vom6.12. 1918,UAW,Akademischer SenatGZ290 ex1918/19
[eingeordnet inGZ268ex1918/19].
24 Laut demPersonalstandverzeichnis 1918/19war AloisMusil der Prodekan der Theologi-
schenFakultät, imProtokoll (sieheFn.23)wird jedochJosefLehneralsProdekangenannt.
25 Protokoll der Sitzungvom6.12. 1918,UAW,Akademischer SenatGZ290 ex1918/19 [ein-
geordnet inGZ268ex1918/19].
StudienrechtundStudienbedingungen 107
Die Wiener Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät 1918–1938
- Title
- Die Wiener Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät 1918–1938
- Authors
- Thomas Olechowski
- Tamara Ehs
- Kamila Staudigl-Ciechowicz
- Publisher
- V&R unipress GmbH
- Date
- 2014
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-89971-985-7
- Size
- 15.5 x 23.2 cm
- Pages
- 838
- Category
- Recht und Politik