Page - 148 - in Die Wiener Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät 1918–1938
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Verwaltungsverfahrensgesetze1925erheblichanBedeutunggewonnen.Alsneue
Fächer wurden auch das Finanzrecht und das Sozialrecht eingeführt. Bei den
wirtschaftlichenFächernwurdedie Sozialpolitik als dreistündige Pflichtvorle-
sung eingeführt. Die Statistik, die bis dahin im Rahmen einer vierstündigen
Vorlesung zu absolvieren war, wurde zwar um eine Stunde verkürzt, jedoch
wurde ihre Stellung und allgemein die der wirtschaftlichen Fächer durch die
VerpflichtungzurAbsolvierungeinerPflichtübungausdiesenGebietengestärkt.
EineNeuerung imStudiumstellte auchdie fünfstündige verpflichtendeVorle-
sung zur Rechtsphilosophie dar – diese löste die bis dahin vorgesehene vier-
stündigeVorlesungüberdieGeschichtederRechtsphilosophie ab.
Nicht verpflichtend, jedoch trotzdem erwünscht, war die periodische Ab-
haltung vonLehrveranstaltungen zurösterreichischenAgrargesetzgebungmit
besonderer Berücksichtigung der historischen Entwicklung der Agrarverhält-
nisse, zu ausländischen Rechten und vergleichender Rechtswissenschaft, zur
Staatsrechnungswissenschaft, gerichtlicherMedizin und forensischer Psychia-
trie.Vor allemdie letztenbeidenFächerwarenanderWiener Fakultät durch-
gehend sichergestellt, da sie zum Lehrplan des Universitätsinstitutes für die
gesamte Strafrechtswissenschaft undKriminalistik gehörten.61EineNeuerung
wardieAnregungzuBesprechungsstunden,diesesollengem.§7Abs. 2RStVO
1935 im»RahmenderVorlesungenundderhiefür bestimmtenStundenzahlen
[…], soweit die verfügbareZeit dies gestattet, […]mitdenHörernabgehalten
werden.«DieseMaßnahme sollte die Studierenden, denen somit einDiskussi-
onsforum eröffnet wurde, wieder von den »Paukerkursen« in die Hörsäle
bringen.
Demnachkonnte einStudiumderRechtswissenschaftenzwischen1935und
1938etwa folgendermaßenaussehen:
Insgesamt lagen die wesentlichen Änderungen darin, dass nunmehr die
Staatsprüfungenfüralle,diedasStudiumbeendenwollten,verpflichtendwaren.
Weiters war das neue Studium der Rechts- und Staatswissenschaften um ein
Semester länger undunterteilte sich indrei Studienabschnitte.DurchdieEin-
führung des dritten Abschnittes erhofften sich die Lehrenden der Staatswis-
senschaften eine tiefere Auseinandersetzung der Studierendenmit diesen Fä-
chern,62dasiedanebenkeineanderenFächer zu lernenhatten.Denneinerder
Kritikpunkte an der alten Studienordnungwar gewesen, dass sich die Studie-
renden imzweitenAbschnitt auf die judiziellenFächerkonzentrierenundden
staatswissenschaftlichen Stoff erst nach der judiziellen Staatsprüfung, sozusa-
gen in letzterMinute, einpaukenwürden. Die neue Studienordnung sah zwar
nachwie vor die rechtshistorischen Fächer als Basis des Studiums an, jedoch
61 Vgl.dazu457f.
62 Degenfeld-Schonburg, StellungderPolitischenÖkonomie373.
DasStudiumderRechtswissenschaften148
Die Wiener Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät 1918–1938
- Title
- Die Wiener Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät 1918–1938
- Authors
- Thomas Olechowski
- Tamara Ehs
- Kamila Staudigl-Ciechowicz
- Publisher
- V&R unipress GmbH
- Date
- 2014
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-89971-985-7
- Size
- 15.5 x 23.2 cm
- Pages
- 838
- Category
- Recht und Politik