Page - 151 - in Die Wiener Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät 1918–1938
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Oblerleutnant (od.Leutnant?)ThaddäusPetracki, dessenBrust zahlreichemi-
litärischeAuszeichnungen schmückten.Drei derKandidatenbestanden inder
Prüfung, die des Herrn Th. Petracki wurde mit Stimmenmehrheit für nicht
genügenderklärtmitdemBeisatz,dassdiegenanntePrüfungnichtvorOktober
1918 wiederholt werden könne. Der genannte Kandidat hatte besonders im
römischenRechtvölligversagt.DiesesFachwurdevonmirgeprüft; auchhatte
ichdenVorsitz inne.Als ichdasErgebnisderPrüfungvoreinemPublikumvon
mindestens 4 Personen verkündigte undHerrn Petracki das Zeugnis einhän-
digte, erwiderte er: ›Das kostet mich einen Lacher‹. Darauf rief ermit lauter
StimmemehrereBeschimpfungenderPrüfungskommissionundbesondersdes
Vorsitzenden in den Saal: ›Sowirdman behandelt, wennman aus demFelde
kommt – das ist eine Unverschämtheit – eine Rücksichtslosigkeit.‹ Diese Ae-
usserungenhabe ich selbst gehört. EinerderMitprüferwill dasWort: ›Schuft‹
gehört undgesehenhaben,wie derOberleutnant den Säbel zurHälfte ausder
Scheidezog.AlsichdenKandidatenwiderholtzurRuheverwies,warseinletztes
WortvordemVerlassendesSaales: ›EineUnverschämtheit!‹«71DaWlassakdie
Ehre der Kommission durch Petracki als »gröblich verletzt« sah, regte er die
EinleitungeinesDisziplinarverfahrensan.DieDisziplinaruntersuchungwurde
für den 25. Juni 1918 anberaumt.AmgleichenTag fasste dieKommissionden
einstimmigenBeschluss, Petracki für immer vonderUniversitätWien zu ver-
weisenund legte diesen demAkademischen Senat vor, der das entsprechende
Erkenntnis schöpfte.72Pertracki legtedagegeneinenRekursbeimUnterrichts-
ministeriumein,diesemwurde jedochnichtFolgegegeben.73
Eine ebenfalls ungewöhnliche Staatsprüfung legteHugoHuppert ab. In seiner
Biographieberichtete er vonseinenErfahrungenbeider staatswissenschaftlichen
Staatsprüfung imJänner1925:»ManpflegteKandidatenwartenzu lassenwieGe-
fangene zwischen grünem Tisch und Balustrade. Das entnervte jeden Prüfling.
NochkeinPublikumimSaal,alsplötzlichdieTürzumBeratungszimmeraufging;
herein trat, gefolgt nur von seinemSchatten, entschlossenen Schrittes –Othmar
Spann. […]ProfessorSpann,derFeind, saßmirgegenüberund legte seineknoti-
genTatzen auf den Tisch.«74Huppert war auf HansMayer als Prüfer eingestellt
gewesen und nicht auf Spann, der »den notorischen Bolschewisten, den bevor-
zugtenSchützlingseinesFeindesKelsen«wohlkaumobjektivprüfenwürde.Auch
71 SchreibendesVize-PräsesderrechtshistorischenStaatsprüfungskommissionMorizWlassakan
DekanVoltelini vom29.4. 1918,UAW,Disziplinarakt Thaddäus Petracki, SonderreiheDiszi-
plinarakten,S185.178.
72 SchreibendesRektorsanPedrackivom3.7.1918,UAW,DisziplinaraktThaddäusPetracki,
SonderreiheDisziplinarakten, S185.178.
73 Ministerium an Rektorat der Universität Wien vom 13.10. 1918, UAW, Disziplinarakt
ThaddäusPetracki, SonderreiheDisziplinarakten, S185.178.
74 Huppert,DieangelehnteTür 501.
Allgemeines 151
Die Wiener Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät 1918–1938
- Title
- Die Wiener Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät 1918–1938
- Authors
- Thomas Olechowski
- Tamara Ehs
- Kamila Staudigl-Ciechowicz
- Publisher
- V&R unipress GmbH
- Date
- 2014
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-89971-985-7
- Size
- 15.5 x 23.2 cm
- Pages
- 838
- Category
- Recht und Politik