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Ein Kartograph tritt langsam aus dem Schatten 13
fĂĽr angehendende Pastoren, Lehrer, aber auch Verwaltungsbedienstete20. Als Karriere-
sprung kann sicherlich die Bekleidung der Stelle eines Geheimen Sekretärs bei Luise von
Liegnitz-Brieg-Wohlau (1631‒1680) gelten, der Tochter des Fürsten Johann Kasimir von
Anhalt-Dessau, die 1648 den Wohlauer Herzog Christian (1618–1648) geheiratet hatte21.
Vor allem der Tod des letzten schlesischen Piasten Georg Wilhelm (1660–1675), des Soh-
nes von Luise von Anhalt-Dessau, im Jahr 1675 stellte sicherlich einen Einschnitt in der
Berufslaufbahn AndermĂĽllers dar, weil Liegnitz, die TeilherzogtĂĽmer und der Witwensitz
Herzogtum Ohlau/OlavskĂ© knĂĹľectvĂ als erledigte Lehen an die böhmische Krone zurĂĽck-
fielen. Seit 1680 fungierte Bernhard Georg AndermĂĽller, in den beruflichen FuĂźstapfen
seines Vaters wandelnd, als Geheimer Sekretär im Dienst von Johann Georg II., Fürst von
Anhalt-Dessau (1627‒1693). Als der Fürst am 27. August 1693 starb22, berichtete An-
dermüller detailliert über dessen plötzlichen Tod: die Ohnmachtsanfälle des Fürsten, das
Tragen des Ohnmächtigen ins Bett und dessen von der Familie unbegleitetes Sterben23.
Auch die Trauerfeierlichkeiten, mit deren zeremonieller Planung AndermĂĽller sicherlich
im Detail betraut war, fanden Eingang in die „Tage-Beschreibung“ des Geheimen Sekre-
tärs. An der Trauerschrift für den verstorbenen Johann Georg beteiligte sich der Geheime
Sekretär gleichfalls und steuerte ein umfangreiches lateinisches Gedicht bei24 – sicherlich
kein Karrierenachteil und zugleich Nachweis seiner Gelehrsamkeit fĂĽr den nachfolgen-
den LandesfĂĽrsten. Das gute bĂĽrokratische Netzwerk AndermĂĽllers wird auch in weiteren
Trauerreden deutlich, so publizierte er ein lateinisches Trauergedicht auf den anhalt-bern-
burgischen Kanzler Johann Georg Reinhard (†1710)25. Andermüller war überdurch-
schnittlich sprachenkundig, so konnte er – „zum raren Exempel unter Rechtsgelehrten“26
20 Andreas Rutz, Art. Lehrer/in. EdN 7 (2008) 784–796, hier 785.
21 Conrads, Der Huldigungsbesuch 79–91.
22 Rohrschneider, Johann Georg II. 436, Anm. 31, erwähnt, dass die sogenannte „Tage-Beschreibung“
ĂĽber die Erkrankung und den Tod des FĂĽrsten (30. September 1693) wahrscheinlich von dessen Geheimsekre-
tär Andermüller stammt und zur Grundlage der Darstellung bei Johann Christoph Beckmann, Historie des
FĂĽrstenthums Anhalt, wurde.
23 Zu ihm vgl. Rohrschneider, Johann Georg II., sowie – mit etwas anderem Fokus und knapp ders.,
Möglichkeiten und Grenzen.
24 Womrath, Fürstliche Gedancken; darin unpaginiert als Incipit: „Funesta nox, moeroris ingentis ferax,
Quae triste nobis conticinium dedit […]. Gezeichnet ist das Trauergedicht mit „Sacrae mem. Optimi Principis,
Domini olim sui gratiosissimi pos. B. G. Andermüller“ [138–141].
25 Schmidt, Anhalt’sches Schriftsteller-Lexikon 467.
26 Trauer- und Gedächtnuß-Rede 9.
Abb. 1: Dessau im 17. Jahrhundert, Gesamtansicht aus dem Süden mit Schloss (Kupferstich, Matthäus Merian
1650; Nachweis: Wikimedia Commons).
Die Transformation des Wiener Stadtbildes um 1700
- Title
- Die Transformation des Wiener Stadtbildes um 1700
- Authors
- Ferdinand Opll
- Martin Scheutz
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20856-3
- Size
- 16.9 x 23.9 cm
- Pages
- 212
- Keywords
- History, Höfische Netzwerke, Wien, Kartografie, Stadtentwicklung, Karten, Reichshofrat, Europäische Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen