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18 Das mindermächtige reformierte Fürstentum Anhalt
heitsbeschluss der FĂĽrsten gebunden. Ab dem Hausvertrag von 1665 wurde zudem die
gleichmäßige Teilung unter allen fürstlichen Cognaten, den Verwandten von mütterlicher
Seite, beschlossen, was 1793 beispielsweise mit der Aufteilung des Territoriums der Zer-
bster Linie schlagend wurde53.
Um die Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert und damit in den Jahren, in die Ander-
müllers diplomatische Tätigkeit ab Ende des 17. Jahrhunderts in Wien fällt, war die Herr-
schaftssituation folgendermaĂźen gestaltet: Im FĂĽrstentum Anhalt-Bernburg regierte von
1656 bis 1718 Victor I. Amadeus (1634–1718)54. In Anhalt-Dessau herrschte von 1660
bis 1693 Johann Georg II. und nach ihm bis 1747 sein Sohn Leopold, bekannt als „Der
Alte Dessauer“ – schon die Namenswahl des Nachfolgers unterstreicht die reichspatrio-
tische Haltung Johann Georgs II. und seine guten Beziehungen zum Wiener Hof. Dem
FĂĽrstentum Anhalt-Harzgerode stand von 1670 bis 1709 Wilhelm von Anhalt-Bernburg-
Harzgerode (1643–1709)55, dem Fürstentum Anhalt-Köthen von 1692 bis 1704 Ema-
nuel Lebrecht (1671–1704)56 vor, und das Fürstentum Anhalt-Zerbst regierte von 1667
bis 1718 Carl Wilhelm (1652–1718)57.
Mit Leopold I. von Anhalt-Dessau und dessen Regierungsantritt brach eine neue Zeit
im Herzogtum an, schon allein die gegen den Widerstand seiner Mutter durchgefochtene
Heirat Leopolds I. mit der Dessauer Apothekertochter Anna Luise Föhse (1677–1745),
später eilig zur Reichsfürstin erhoben, bezeugt dies58. In den engen Schranken seines
Fürstentums Anhalt-Dessau konnte der „Alte Dessauer“ weder finanziell noch politisch
sein Auslangen finden, weshalb er so wie sein Vater langfristig Dienst in Kurbrandenburg
suchte. Seit 1688 war Leopold I. Inhaber eines kaiserlichen, seit 1693 Inhaber eines bran-
denburgischen Regiments und nahm an den FeldzĂĽgen in die Niederlande teil, zudem
fĂĽhrte er ab 1693 den Rang eines brandenburgischen Generalmajors. Neben seinen mili-
tärischen Erfolgen erwiesen sich seine militärischen Reformen in der brandenburgischen
Armee, etwa die EinfĂĽhrung des eisernen Ladestocks, des Gleichschritts und die Verbes-
serung des Exerzier-Reglements, als besonders nachhaltig. Nach dem Sieg bei Höchstädt
1705 stieg Leopold I. 1712 zum Feldmarschall der brandenburgisch-preuĂźischen Armee
auf und wurde zum engen Berater von König Friedrich I. (vormals III.) von Brandenburg.
Auch seinem Enkel Friedrich II. diente er im Ersten und Zweiten Schlesischen Krieg
als HeerfĂĽhrer, so firmiert er als Sieger von Kesselsdorf 174559. Johann Georg II. und
Leopold I. investierten ihr teilweise in preuĂźischen Diensten erwirtschaftetes Geld nicht
nur in fürstliche Repräsentationsbauten wie das Dessauer Schloss, sondern auch in einen
resoluten inneren Herrschaftsausbau. Sie kauften den grundbesitzenden Adel des Landes
systematisch aus dem Land und zogen so energisch Herrschaftsrechte an sich60. So fanden
sich 1803 auĂźer dem FĂĽrsten nur mehr vier Adelsfamilien mit eigenen Patrimonialgerich-
53 Mantzke, Das FĂĽrstenhaus 46f.
54 Franz Kindscher, Art. Victor I. Amadeus. ADB 39 (1895) 673–675.
55 Ferdinand Siebigk, Art. Friedrich (Fürst zu Anhalt-Bernburg). ADB 7 (1877) 453–455.
56 Als Überblick Wäschke, Geschichte Anhalts 3.
57 Ferdinand Siebigk, Art. Karl Wilhelm. ADB 15 (1882) 226f.; zu den Details der anhaltischen Häuser
vgl. die Genealogischen Tafeln bei: Fürsten von Anhalt 294‒286 (Tafel 6).
58 Zur Problematik der Anhalter Eheschließungen, die eines „agnatischen Konsenses“ und damit der Zu-
stimmung der anderen Anhalter Fürsten bedurften, Hecht, Anhalt und die Dynastie 98–103. Messalliancen/
„Missheiraten“ waren vor diesem Hintergrund in der Anhalter Geschichte keine Seltenheit.
59 Mantzke, Das FĂĽrstenhaus 47f.
60 Freitag, Die FĂĽrsten von Anhalt 23.
Die Transformation des Wiener Stadtbildes um 1700
- Title
- Die Transformation des Wiener Stadtbildes um 1700
- Authors
- Ferdinand Opll
- Martin Scheutz
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20856-3
- Size
- 16.9 x 23.9 cm
- Pages
- 212
- Keywords
- History, Höfische Netzwerke, Wien, Kartografie, Stadtentwicklung, Karten, Reichshofrat, Europäische Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen