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Historische Aufzeichnungen
Die Transformation des Wiener Stadtbildes um 1700
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40 Antichambrieren, Netzwerken und das Verfassen von Relationen nicht allzuviel in discursen zu verharren, noch sich mit der arbeith alzusehr zu überladen, und weil er, wie ich vernehme, hiebevor in braunschweig-lüneburgischen diensten gestanden, so wird er vermuthlich selbigen fürstlichen hause wohl vor anderenn zugethan seyn161. Als Andermüller bei Reichshofrat Johann Wilhelm Graf von Wurmbrand-Stuppach (1670–1750) vorsprechen wollte, ließ er [Wurmbrand] sich mit großer höffligkeit entschul- digen, weil sein herr bruder mit den pocken befallen worden und aus selbigen hause gebracht werden müßen, er selbst aber hatte auch hitze und alterationes bekommen, so daß er sich zu bette legen müßen, umb abzuwarten, wie es mit ihme weiter außschlagen werde162. Die Audienzen bei den Reichshofräten verlangten von Andermüller einerseits Geschick, aber auch einiges an Mobilität, weil er die Reichshofräte in ihren städtischen Wohnungen und Häusern, häufiger aber noch mit der Kutsche in ihren vorstädtischen Gartenpa- lais besuchte. Kurios gestaltete sich die Audienz beim Pfalz-Neuburger Reichshofrat Andreas Schellerer († 1701), den Andermüller einige Male in seinem vorstädtischen, stattlichen gebäu aufsuchte und endlich auch gesprächsbereit antraf. Habe aber niemahlß eine sel t zamere admission gehabt, in deme er auffm stuhl sitzend und halb schlafend mich empfieng, doch endlich neben sich zu sitzen ermahnete, wie ich zu reden anfieng, schlieff er wieder ein, deßwegen ich auffstunde, mit dem ersuchen, weil ich sehe, daß es ihme dißmahl ungelegen, mich ein andermahl zu höhren; er bath mich aber wieder niederzusitzen und fortzureden, gleichwohl schlieff er wieder ein und veruhrsachte mich, meine rede zue abrum- piren163. Schellerer, beliebter Anlaufpunkt vieler Gesandter, war zugleich Pfalz-Neubur- ger Gesandter und Reichshofrat und besaß ein prächtiges Gartenpalais vor der Stadt164. Zweifellos der wichtigste Ansprechpartner im Reichshofrat neben Oettingen165 selbst war der für die sachsen-lauenburgische Erbstreitigkeits-Causa zuständige Reichshofrat Dr. Franz Friedrich Freiherr von Andler (1631–1703). Der Dessauer Gesandte wusste durch die Informationen der Agenten und Residenten, wie man mit Spitzenbeamten am Reichshofrat umging. Gleich beim Antrittsbesuch übergab er ihm ein Memoriale in der Erbstreitigkeit. Andler166 erging sich in Artigkeiten und müste er gestehen, daß wohl niemand als das fürstlich hauß Anhalt ratione sanguinis der proximae agnationis ein beßeres recht und anspruch an den sachsen-lauenburgischen anfall hette167. Andermüller stellte in seiner Relation an die Anhalter Fürsten die Frage, ob nun dem herrn Antler, weil er der referent in der sachsen laubenburgischen sache ist, hiernechst mit einem honorario von 100 ducaten, oder was euer hochfürstliche durchlaucht hierunter thunlich erachten möchten, mit der zeit an hand zu geben168. In späteren Relationen, wenige Wochen danach, verstärkte sich Andermüllers Eindruck, dass Andler (Abb. 5) nur begrenzt für die Anhalter Fürsten Partei ergriff. Es sei zu überlegen, ob bey dem herrn Antler, der mir vor das hochfürstlich hauß Anhalt nicht eben allzu auffrichtig gesinnet vorkommet, einiges gratial mit nutz zu em- 161 Ebd. 162 LASA, Z 87, XXI, Nr. 7: 5. Relation vom 11. April 1699. 163 Ebd. 164 Pons, „Wo der gekrönte Löw“ 301. 165 Zu dessen Gartenpalais in der Leopoldstadt siehe unten S. 117f. 166 Die Familie Andler verfügte im Südwesten vor der Stadt über einen entsprechenden Sitz, siehe dazu unten S. 117f.; das Andlersche Haus in der Stadt (siehe dazu unten S. 120 Anm. 529) ist in der Andermüller- schen Vogelschau nicht verzeichnet. 167 LASA, Z 87, XXI, Nr. 7: 2. Relation vom 28. März 1699. 168 Ebd.
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Die Transformation des Wiener Stadtbildes um 1700
Title
Die Transformation des Wiener Stadtbildes um 1700
Authors
Ferdinand Opll
Martin Scheutz
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2018
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20856-3
Size
16.9 x 23.9 cm
Pages
212
Keywords
History, Höfische Netzwerke, Wien, Kartografie, Stadtentwicklung, Karten, Reichshofrat, Europäische Geschichte
Categories
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