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82 Die Transformation des Wiener Stadtbildes in der FrĂĽhen Neuzeit
müllers als Barockpalais zu erkennen wären. Nach der Vorderen Schenkenstraße, der heu-
tigen Bankgasse weiter nach Norden freilich zeigten sich dem Dessauer 1703 die Häuser
des Grafen von (Orsini-)Rosenberg (Herrengasse 19)367, der FĂĽrsten von Porcia (Herren-
gasse 23)368 und der Grafen von Wallstein (Waldstein, Wallenstein; Freyung 4)369 durch
verschiedene bauliche Accessoires trotz erst später erfolgten tatsächlichen Um- und Aus-
baus gewissermaĂźen schon auf dem Wege zum Barockpalais. An der gegenĂĽberliegenden
Seite der Herrengasse war die Zahl vergleichbarer Objekte zwar deutlich geringer, aber
diese waren ungleich größer und stattlicher als die soeben erwähnten. Hinzuweisen ist
zum einen auf den riesigen Besitzkomplex des Hauses Liechtenstein (Herrengasse 6‒8),
der bereits seit dem 15. Jahrhundert im Besitz dieser Familie stand und im Stich von Salo-
mon Kleiner – somit nach Andermüllers Autopsie – barockes Kleid trägt370, zum anderen
das bereits zuvor erwähnte Palais des Grafen Abensberg-Traun (Freyung 2, Herrengasse
14)371.
Die Umgestaltung zur Barockstadt, wie sie Wien dann vor allem nach dem TĂĽrken-
jahr 1683 erlebte und wie sie in der Vogelschau des Bernhard Georg AndermĂĽller von
1703 bereits hervortritt, noch markanter freilich dann in den Stichen des Salomon Klei-
ner um 1720/30 zu fassen ist, nahm, beginnend ab dem letzten Jahrzehnt des 17. Jahr-
hunderts, einen rasanten Verlauf. Auf die fĂĽhrenden italienischen Architekten, etwa einen
Giovanni Pietro Tencala (1629‒1702), einen Domenico Martinelli (1650‒1718) oder
einen Francesco Martinelli (1651‒1708) folgten an der Wende vom 17. zum 18. Jahr-
hundert dann die das Baugeschehen so nachhaltig prägenden einheimischen Fachleute,
wie Johann Bernhard Fischer von Erlach (1656‒1723), dessen Sohn Joseph Emanuel
(1693‒1742) und der zwar aus Italien gebürtige, aber erst in Wien zu seinen Höchst-
leistungen aufsteigende Johann Lukas von Hildebrandt (1668‒1745). Anders als zuvor,
als sich das adelige Baugeschehen doch sehr maĂźgeblich auf den vorhin angesprochenen
Bereich entlang der Herrengasse konzentriert hatte, sollte sich der adelige Palastbau an
der Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert, damit exakt in den Jahren unmittelbar vor
und dann während des Aufenthalts Andermüllers in Wien (1699‒1703), verstärkt auch
auf andere Bereiche der ummauerten Stadt ausdehnen. Gleichwohl wies die Zone an und
zu beiden Seiten der Herrengasse weiterhin die höchste Attraktivität auf. Im Gange war
damals etwa die Umgestaltung des alten Schlögelhofes (Renngasse 4) zum hochbarocken
Palais der Familie Batthyány (später: Palais Batthyány-Schönborn)372. Parallel zur Herren-
gasse war die WallnerstraĂźe Schauplatz bedeutender Bauinitiativen dieser Zeit, und dabei
ist etwa auf das ab 1698 errichtete Palais Caprara (WallnerstraĂźe 8)373 oder das bereits
1687‒1695 vollendete Esterházy-Palais (Wallnerstraße 4)374 zu verweisen. Auf der gegen-
ĂĽberliegenden Seite der Herrengasse reihten sich mehrere Palais im Bereich des heutigen
Minoritenplatzes und der Bankgasse aneinander. Dort hatte etwa im Jahr 1700 Maximi-
lian Ernst Graf von Flasching ein Gebäude erworben und umbauen lassen (Bankgasse
367 Siehe dazu unten Anhang 2, S. 155 Nr. 87.
368 Siehe dazu unten Anhang 2, S. 153 Nr. 80.
369 Siehe dazu unten Anhang 2, S. 160 Nr. 114.
370 Siehe dazu unten Anhang 2, S. 149 Nr. 59.
371 Siehe dazu unten Anhang 2, S. 158 Nr. 108.
372 Siehe dazu unten Anhang 2, S. 139f. Nr. 10.
373 Siehe dazu unten Anhang 2, S. 141 Nr. 15.
374 Siehe dazu unten Anhang 2, S. 142f. Nr. 24.
Die Transformation des Wiener Stadtbildes um 1700
- Title
- Die Transformation des Wiener Stadtbildes um 1700
- Authors
- Ferdinand Opll
- Martin Scheutz
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20856-3
- Size
- 16.9 x 23.9 cm
- Pages
- 212
- Keywords
- History, Höfische Netzwerke, Wien, Kartografie, Stadtentwicklung, Karten, Reichshofrat, Europäische Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen