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154 Die Legende der AndermĂĽllerschen Vogelschau von 1703
bäude bereits 1420 erwähnt wird (damals: herzoglicher Münzhof)626, lag in einem Durch-
haus von der Wollzeile zum Jakoberkloster bzw. – heute – zur Schulerstraße (Wien I,
Wollzeile 30). Hierher kam 1781 die Verwaltung der k. k. Briefpost, die dort bis zur Ver-
einigung mit der Hauptpost verblieb. 1570 kam das Postregal in den Erbländern als erb-
liches Lehen an die Reichsgrafen Paar, und das „Obriste Hofpostmeisteramt“ als oberste
Postbehörde entstand; die Kanzleien und Stallungen des Erblandpostmeisters waren im
Paarpalais (1, Wollzeile 30) untergebracht. Das Hofpostamt („Briefpost“) übersiedelte um
1700 in die Große Schulerstraße und 1849 ins ehemalige Hauptmautgebäude (Haupt-
postgebäude = I, Postgasse 10)627.
(82) Questenberg, Graf von (Graf von Questenberg) – Sign.: No 5 – Erläuterung: Das
Palais (Wien I, Johannesgasse 5‒5a) wurde ab 1701 für den Reichshofrat Johann Adam
Graf Questenberg (1678–1752) erbaut628.
(83) Raab, Bischof siehe Sachsen-Zeitz
(84) Rabutin, Palais des Grafen Rabutin-Kinsky (Graff Rabutin, gegen dem Bischofshoff
über) – Sign.: Zz (Signatur fehlt auf dem Plan!) – Erläuterung: Seit 1694 stand dieses Ob-
jekt (Wien I, Wollzeile 1/RotenturmstraĂźe 4) im Besitz von Jean-Louis de Bussy-Rabutin
(1642–1717) und von Dorothea Elisabeth, Erbin zu Nordtwegen, Herzogin zu Schleswig-
Holstein, Gräfin zu Olderndorff und Dillmannhorst, verehelichte Rabutin. Sie machte
das Haus durch ihre eleganten Soireen, welche sie allwöchentlich zweimal gab, zum Mit-
telpunkt des damaligen geistigen Wien. Auch Prinz Eugen gehörte zu ihren Besuchern,
und die namhaftesten KĂĽnstler und Gelehrten fanden sich bei ihr ein. Sie gab auch in
Modefragen den Ton an. Man trug Kleider Ă la Rabutin, Kopfputz Ă la Rabutin und vieles
mehr. Von ihr sprachen alle Fremden, und auch Lady Montague (1690–1760) erwähnte
sie in ihren Briefen vom Jahr 1716. Dort heißt es: „Der Umgang ist ein ganz ungezwun-
gener, Madam Rabutin, eine Dame von bestem Ton, spricht mit Niemanden insbeson-
dere, sondern mit allen gleichmäßig, erwidert auch die Besuche nicht. Und wer nur will,
mag sie ansprechen, ohne erst förmlich vorgestellt zu werden. Die Gesellschaft wird mit
Chocolade, Eis, Confituren und sonstiger kalter KĂĽche bewirtet. Dann verteilt sie zum
L’Hombre, Piquer oder zur mündlichen Conversation.“ 1704 verkaufte sie den Hof an den
geheimen Konferenzrat, königlichen Statthalter und obersten Kanzler im Königreich Böh-
men, Grafen Wenzel Norbert Oktavian Kinsky (1642–1719), doch behielt sie auch wei-
terhin ihre Wohnung dortselbst bei und starb dort am 18. Juli 1725 im 80. Lebensjahr629.
(85) Rathaus (Rathhauss) – Sign.: Ef (sic!; Fehler, da eigentlich Ff zu erwarten wäre)
– Erläuterung: Das Gebäude in der Wipplingerstraße (Wien I, Wipplingerstraße 8, Stoß
im Himmel 2, Salvatorgasse 7) ist zweimal auf der AndermĂĽller-Vogelschau (siehe unten
Nr. 86) vermerkt, was auch bei anderen Objekten vorkommt (siehe etwa in dieser Liste
unter den Nrr. 28 und 29: Franziskanerkloster; unter Nrr. 48 und 49: Jesuiten Am Hof;
oder unter Nrr. 118 und 119: Kaiserliches Zeughaus in der Seilerstätte). In den Jahren
von AndermĂĽllers Wien-Aufenthalt begann die Barockisierung des Rathauses, doch ist
die barocke Hauptfassade zur WipplingerstraĂźe hin auf der gesĂĽdeten Vogelschau natur-
gemäß nicht zu sehen630.
626 Haider, Verlorenes Wien 32‒36; Art. Altes Postgebäude. Wien Geschichte Wiki.
627 Art. Altes Postgebäude. Wien Geschichte Wiki.
628 Art. Questenbergpalais. Wien Geschichte Wiki.
629 Haider, Verlorenes Wien 29‒31; Art. Rotenturmstraße 4. Wien Geschichte Wiki.
630 Zum Rathaus selbst vgl. Art. Altes Rathaus. Wien Geschichte Wiki; Scheutz, In steter Auseinander-
setzung 343–353.
Die Transformation des Wiener Stadtbildes um 1700
- Title
- Die Transformation des Wiener Stadtbildes um 1700
- Authors
- Ferdinand Opll
- Martin Scheutz
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20856-3
- Size
- 16.9 x 23.9 cm
- Pages
- 212
- Keywords
- History, Höfische Netzwerke, Wien, Kartografie, Stadtentwicklung, Karten, Reichshofrat, Europäische Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen