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helligt, sicherte ihn der Schutz des gerst-
reichen und aufgeklärten Erzbischofs Fürst
Salm-Salm, der, als B.'s Entfernung
vom Lehramte bereits ausgefertigt war,
deshalb eigens eine Reise nach Wien und
durch seinen Einfluß die Verordnung
rückgängig machte, fünfzehn Jahre lang
vor weiteren Umtrieben. I m Jahre 1820
wurde er aber mit einem Male feines
Lehramtes entsetzt und durch Polizeimaß-
regeln in seiner schriftstellerischen Thätig-
keit gehemmt. Im März 1823 begab er
sich zu seinem FreundeIos.Hoffmann,
auf dessen Out Techobuz bei Prag er bis
zum November 1841 lebte, wodurch seine
kärgliche auf eine Pension von 3W Gulden
gegründete äußere Existenz wesentlich er-
leichtert wurde. Von dieser Zeit an war er
wieder sich selbst überlassen. Er begab sich
nunmehr zu seinem Bruder nach Prag.
Von dem Grafen Leo Thun erhielt er die
letzten Jahre hindurch eine namhafte
Geldunterstützung, die ihn insbesondere
in den Stand setzte, die Anschaffung von
Büchern der neuesten Literatur, welche er
zu seineu wissenschaftlichen Arbeiten be-
nd'thigte, zu ermöglichen. Die von diesem
Gelde angeschafften Bücher stellte B. auch
in einen besonderen Schrank zusammen
und verordnete in seinem letzten Willen,
daß dem edlen Grafen nicht nur diese
Bücher, sondern sein ganzer eigener Bü-
chervorrath zu freier Verfügung über-
antwortet werden. Diese Bücher sind auf
dem Rande durchgehends mit Bemerkun-
gen des wichtigsten wissenschaftlichen In -
halts in Bleistift versehen und verdienen
vor jeder Art Wandalismus geschützt zu
werden. Der Graf, Erbe dieses Scha-
tzes, übergab denselben dem Wendischen
Seminar in Prag. Bolzano steht im
Gebiete der Wissenschaft, die er Pflegte,
auf einer Höhe, die zu ermessen einer
späteren Generation, welche neben mate-
riellen Zwecken auch spirituelle und reelle
zu verfolgen Zeit und Lust haben wird, überlassen blelben muß. Seiner Philo-
sophie Ergebniß, im innig sten Einklang
mit seinem eigenen Leben stehend, läßt
sich in Kürze so zusammenfassen: Durch
die Gesetze seiner Logik, also auf dem
Wege der Wissenschaft und Speculation
ist er zur festen Ueberzeugung der Wahr-
heit und Göttlichkeit des Christenthums
gelangt. — Im ganzen Umfange seines
persönlichen Wesens war es ihm damit
vollkommen Ernst, den Vorschriften
dieser Religion genau nachzuleben und
er hat nicht nur den Kampf mit seiner
eigenen schwachen Natur, sondern mit
seinen vielfach gegnerischen Zeitgenossen
sieghaft bestanden. — Er vernachlässigte
kein Mittel, Andere zu gleicher Ueberzeu-
gung uud Handlungsweise, doch nur auf
dem Wege der Belehrung und des Bei»
spiels zu bestimmen. — Den eigentlichen
Schwerpunct seines gesammten Unter-
richts legte er in die Anerkennung der
Pflicht, dasGemeinwohl zu befördern,
als der obersten ausnahmslosen Sitten-
regel, von welcher jede andere verdienst-
liche Handlung nur eine Anwendung ist.
Daher war Menschenfreundlichkeit, Liebe
und die sowohl leibliche als geistliche
Wohlthätigkeit sein einziges Mittel, Gut"
gesinnte zu gewinnen, die Gegner aber
zu entwaffnen. — Seiner äußeren Er-
scheinung nach war B. mittelmäßig groß,
schlank, für einen Mann zart gebaut und
litt in Rücksicht seines schwächlichen Kör-
pers au dem gefährlichsten Uebel — am
Blutspucken. Aber seiue stets beobachtete
Mäßigkeit, von der er nic abwich, ließ
ihn das in Anbetracht dieses Uebels hohe
Alter von 67 Iahreu crreicheu. Als
Professor war V. sehr strenge uud
namentlich gegen Schüler aus vornehmen
Häusern, und dies aus zwei Gründen:
weil sie mehr Mittel zu ihrer Ausbildung
besitzen als die bürgerlichen und ärmeren
Söhne, dann weil sie es vorzüglich sind,
welche zu hohen Aemtern gelangen, und
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Bninski-Cordova, Volume 2
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Bninski-Cordova
- Volume
- 2
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1857
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 470
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon