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überzeugt war. Später als der Mi^
nister Lnosi die Einführung der Ste-
nographie angeordnet und deßhalb
Aufrufe an die Procuratoren der Ge-
richtshöfe hatte ergehen lassen, war B. der
erste, der sich
der Ausübung dieser Kunst
in solchem Grade besiieß, daß er darin
Dienste leisten und eine eigene Schule
gründen konnte. Ein merkwürdiges Mo-
ment in der geistigen Thätigkeit dieses
Mannes bleibt es, daß er die verschiedenen
Richtungen seines Wissens zu gleicher
Zeit verfolgte, daß er von den Gerichts-
schranken weg auf das Catheder, von die-
sem auf den Richterstuhl trat; daß er das
Studium der Gesetzbücher mit dem der
Dichter verband; daß er Sprachforschung,
Geschichte und Stenographie, einen rich-
terlichen Spruch, begeisterte Verse, Epi-
gramme, eiu obrigkeitliches Amt und den
gewandten Schriftsteller, eines in das an-
dere übergehen ließ. Im 1.1813 ward
er zum Friedensrichter in seiner Heimat
ernannt und bewährte sich als öffentli-
cher Redner. Als nach Auflösung des
Königreichs Italien der Umschwung der
Negierung und Verfassung vor sich
gegangen war, blieb Bottari in Amt
und Würde, ja es erweiterte sich der
Kreis seiner Wirksamkeit. Im I . 1818
ward er Prätor der neuneirten Gerichts-
behörde in Valdobbiadene, und 1820
Rath beim königlichen Tribunal in Tre-
viso. Die Art und Weise, wie damals die
Rechtsfälle entschieden wurden, zeigten
den Geist dieses ausgezeichneten Rechts-
Mannes und das Andenken an diesen selte-
nen Mann lebt noch heut in Italien fort.
Mittlerweile hatte er auch die Poesie nicht
vernachlässigt. Die Geburt eines Sohnes,
(1816) weckte sein poetisches Gefühl und
in dieser Zeit entstanden die meisten seiner
Dichtungen, welche veröffentlicht wurden.
Er pflegte fast alle Gattungen der Dicht-
kunst, am glücklichsten jedoch die feine Sa-
tire, das Madrigal, das Epigramm. Seine Verse und namentlich einige anakreontische
zeichnen sich durch Einfachheit des Bildes,
Leichtigkeit des 'Gedankens und Reinheit
des Styles aus. In anderen wieder
brachte er Erinnerungen an berühmte
Persönlichkeiten Treviso's. Bemerkens«
werth ist auch seine Uebersetzung des achten
Buches der „Aeneide" in ottavo riins.
Zu den größeren poetischen Werken sind
noch eine Uebersetznng des „I^ve^t«
von Gresset in ottkvo riine; eine
Dichtung „HMa eci^ca^o^e" / und ein
„«/nno a OaTiova" zn zählen. Im I.
1826 ging er im Auftrage des obersten
Gerichtshofes nach Venedig, um das dor-
tige Appellationsgericht in Bewältigung
aufgehäufter Arbeit zu unterstützen. Diese
ehrenvolle Mission gab ihm wiederholt
Gelegenheit, die Meisterschaft in seinem
Fache zu zeigen und sein Abschied von
Venedig nach sechzchnmonatlicher Dienst-
leistung war von dem lebhaftesten Be-
dauern seiner Collegen begleitet. Im
1.1832 wurde B. von Kaiser Franzl.
bleibend nach Venedig übersetzt. Dort fand
er mehr Gelegenheit, seinen Genius in
großem Maßstabe wirken zu lassen. Dabei
blieb er auf der bereits erreichten Stufe
der Ausbildung nicht stehen, soudern
strebte einer höheren Vollendung zu, denn
sein Grundsatz war, daß die Macht einer
obrigkeitlichen Person nicht allein in der
vom Staate verliehenen Wirksamkeit,
sondern mehr noch im persönlichen Werthe
und der öffentlichen Meinung liege. So
war V. im Ganzen ein Muster jeder
menschlichen nnd männlichen Tugend. In
seinen politischen Ansichten hielt er sich
stets gleich fern von dem Uebermuthe
der Zügellosigkeit, wie von knechtischer
Unterwürfigkeit. Sein Vaterland liebte er
und gab diese Liebe durch Förderung der
Wohlfahrt desselben zn erkennen. Im Ver-
kehre mit den Menschen war er bescheiden
und herablassend und seine richterlichen
Sprüche dnrchwehte der Geist der Hu-
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Bninski-Cordova, Volume 2
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Bninski-Cordova
- Volume
- 2
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1857
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 470
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon