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und drollige Gesichter schneiden muß,
zum Ergötzen der Gesättigten und Froh
lichen. Unzufrieden endlich mit der ro
hen Behandlung der Seinigen, verließ
er dieselben uud fand neue Thätigkeit im
Theater der „gelehrten Hunde" (otiieu
82.v2.Q8) in der Eigenschaft eines sprin
genden Mimen. Mit dieser springenden
Mimik — Leibesübungen verbunden mit
stummer Darstellung — gestaltete sich
daS Theater der „gelehrten Hunde" all-
mälig in das IKHHti-L äes kunkiudui
um, wo noch heute Pantomimen und kleine
Vaudevilles gegeben werden. Da war
es, wo Dworiak-Debureau dem
Pierrot einen Charakter gab, der nach
dem Stücke, das man ihm schrieb und
das er sich selbst zurechtlegte, wechselte.
Er zeichnete wie Gavarni lebendig und
bis in die Details; die Bewegnng eines
Fingers drückte oft dem ganzen Bilde
das Gepräge der tiefsten Wahrheit auf.
Zugleich mit Debureau begann Fre-
deric Lemaitre auf derselben Bühne
seine Laufbahn. Als jedoch mittelst eines
amtlichen Erlasses jedem Schauspieler
der ?!iQ3.uidui68 das Seiltanzen zur
Pflicht gemacht wurde, verließ D. diese
Bühne und ließ sich als Possenreißer im
Oii-^ue L'rg.ueoni anwerben. Da er
aber ebensowenig reiten als seiltanzen
konnte, wurde Dworöak bald verabschie-
det; er fand nun ein Unterkommen im
0ä6oi!) wo er die merkwürdigen Gestal-
ten eines Robert Macaire, Don Cesar
de Bazan, Ruy Blas u. a. geschaffen.
Die Aufmerksamkeit des großen Publi-
cums richtete sich aber erst nach einem
Processe auf ihn, in welchem er gegen
seinen Director klaghaft auftrat: daß
ihm dieser ein unterirdisches gesund-
heitgefährliches Loch als Loge zum An-
kleiden angewiesen habe. Der Director
stützte sich auf seinen Vertrag, woriu
wirklich Debureau das Recht benom-
men war, sich gegen dlese Loge zu bekla- gen. Der Advocat Debureau's aber
machte keine lange Nede, sondern zog als
^.rFuinentuiQ 26 dominern eineSchach-
tel hervor, aus welcher er einen mächti-
gen Pilz nahm, der in der feuchten Loge
des Pierrot emporgeschossen. Beim An-
blick der giftigen Pflanze entsetzten sich
die Richter und die Versammlung. Der
Spruch siel zu Gunsten des Künstlers
aus; der Vorfall machte in Paris großes
Aufsehen und diente nicht wenig dazu,
den Namen des damals noch kaum gekann-
ten Künstlers zu verbreiten. Nun ging
Dworöak - Debureau's Glückstern
auf, er wurde der Liebling aller Classen,
jetzt erst erkannte man seine Kunst, die
aber älter war, als jener über Nacht
aufgeschossene Pilz, dem er sein Glück
zu verdanken hatte, so daß er mit Recht
ein Glückspilz genannt werden konnte.
Aber der Stern seines Glückes sollte sich
noch einmal trüben und einen düstern
Schatten auf seine ganze Zukunft werfen.
Debureau hatte sich verheiratet und
ging eines Tages mit seiner Frau am
Arme spazieren. Plötzlich wird er von
einem Blousenmanue als Pierrot des
Theaters der ^uuHUiduIes erkannt und
in höhnender Weise mit boshaften An-
spielungen angesprochen. Debureau
wich dem Beleidiger aus und ging seines
Weges. Dieser aber folgte D. auf dem
Fuße, verlangte von ihm, daß er auf der
Straße seine Sprünge mache und schnitt
Gesichter. D. ermähnte den frechen Stö-
rer , ihn unbeirrt seiner Wege gehen zu
lassen und wäre es auch nur aus Rücksicht
für seine Frau. Auch diese Borstellung
blieb erfolglos, das Necken und Höhnen
nahm kein Ende und wurde nur unver-
'chämter, als D. zu drohen begann. So
verfolgt, an der Seite seiner Frau der
Aufmerksamkeit aller Leute preisgegeben,
ward D. von Wuth ergriffen, schwang
'einen Stock und führte mit der ganzen
Macht seines Zorns einen Streich nach
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Coremans-Eger, Volume 3
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Coremans-Eger
- Volume
- 3
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1858
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 456
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon