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^„Eigenständig, sein eigener Schöpfer in tech-
nischer Vollendung, geistreich, rein und edel
durchgebildet, schwärmerisch im Erfassen und
Ausführen, das große Geheimniß innehabend,
wie man der Violine ihren in jeder Seele
nachhaltenden Sing- und Seelenton entlockt,
als Compositeur Gedankenfülle mit Poesie
verbunden, so steht Ernst vor uns da, in
einem Alter (damals 26 Jahre), wo Andere
noch im Vestibül der Kunst stehen und ihre
Geheimnisse kaum ahnen", so charatterisirt
ihn Saphir.) — Ernst theilt mit Paga-
nini und Ole Bu l l den eigenthümlichen
Umstand, daß der Volksglaube sein wunder-
bares Spiel aus den seltsamsten Lebensereig-
nissen erklären will. So soll er von einem
berühmten Geiger in Sevilla stammen, der
dem Scheiterhaufen entflohen und nach Brunn
gewandert sei. Der Enkel — unser Virtuos —
entfloh mit der Geige seines Urahns und dem
Segen seiner alten Großmutter aus dem
Elternhause, nachdem er Paganini gehört
hatte. Diesem folgte er gleich dem Schatten
von Stadt zu Stadt sechs Jahre lang, um
überall den Meister zu hören und sich nach
ihm zu bilden. In der Nacht und wenn er
allein war, ahmte er nach, was er seinem
Vorbilde abgelauscht hatte u. dergl. m. —
Treffend charakterisirt ein ungar. Kritiker den
Künstler: „Die Augen im Gesichte stehen
einander nicht näher, als die zwei Violin-
Virtuosen : Paganini und Ernst." — Porträte.
1) Unterschrift: Facsimile des Namens:
II. W. lernst. Lith. von Kriehuber 1840, dreimal
u. z. (Wien, Spina, Fol., ebenda Has-
linger, Fol.) lder Herausgeber besitzt von
letzterem ein Exemplar mit dem folgenden
sinnigen Autograph des großen Virtuosen:
„Wenn Sie recht glücklich sind und die Zeit
in Luft und Scherz verleben, denken Sie auch
manchmal an Ernst. Wien den 9. Sept.
1840") und Mechetti, Wien 1846. — 2) lith.
von Prinzhofer (Wien, Müllers Wwe., Fol.).
— 3) Stahlstich von Münzer (Leipzig, Baum-
gartner, 4".) seine Beilage zu Diezmanns
Allg. Modenzeitung). — 4) Lith. Hamburg,
Iowien, Fol. — S) Unterschrift: Nrnst.
F. Elias äel. Lith. Anstalt von W. Pobuda.
lAuch als Beilage zu Lewalds „Europa",
Lex. 8°.1
Ernst, Leopold (Architekt und N e-
ftaurateur des St. Stephansdomes in
Wien, geb. in Wien 1808). Sohn eines
Victnalieuhändlers, der später einWirths-
geschäft übernahm, aber verarmte. Man-
nigfache Unfälle bezeichnen die Kindheit des spätern Künstlers; 4 Jahre alt, brach er
den Arm, später das linke Bein, und die
häutige Bräune, der er kaum entging,
ließ bis in's 16. Jahr empfindliche Spu-
ren zurück. Früh zeigte sich seine Liebe
zum Zeichnen und Malen. Zur Zeit, als
sein Vater das Wirthshausgcschäft betrieb,
entwickelte sich insbesondere sein Trieb
zu plastischen Gestalten, welchem sich viele
Hindernisse in seiner nächsten Umgebung
entgegenstellten. Doch alles dies hinderte
ihn nicht in seiner Weise zu schaffen. Er
erhielt nun Unterricht im Zeichnen, lernte
italienisch und französisch und kam, 14
Jahre alt (1822), in die Architektur-
Schule der Akademie der bildenden Künste,
wo er sich uuter Peter N obile bildete.
Die Ferien benutzte er zu Ausflügen in
Wiens Umgebung und zeichnete nach der
Natur. Zwei Preise, welche er in der
Akademie erhielt, hoben seinen Muth
und Eifer. Ein kleines Stipendium uud
ein Geldbetrag eines seiner Oheime setz-
ten ihn in die Lage, die Reise nach Ita-
lien anzutreten. Sein Reisegefährte war
Ammerling (s. d. I. Bd.S. 29), mit
diesem besuchte er Venedig, Florenz und
Bologna. In Nom verweilte er längere
Zeit und arbeitete fleißig in den dortigen
Museen. 1832 reiste er nach Neapel uud
Sicilien. An dem österr. Gesandten in
Rom, dem Grafen Lützow, fand E. einen
hoch- und kunstsinnigen Mäceu. 1833
kehrte er über Florenz nach Wien zurück,
wo er anfänglich im Porträtmalen sich
versuchte, aber bald, seiner inneren
Stimme folgend, zur Architektur zurück-
kehrte und bei derselben blieb. 1835 er-
hielt E. beim Grafen Breun er über
Ammerlings Empfehlung eine Anstel-
lung mit ansehnlichem Gehalte. Mit
Vorliebe wendete er sich dem deutschen
Style zu und baute im deutsch-mittel-
alterlichen das Schloß Grafenegg, wo-
dnrch er seinen Ruf begründete. Im I .
1841 unternahm er eine neue Reise nach
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Egervári-Füchs, Volume 4
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Egervári-Füchs
- Volume
- 4
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1858
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 422
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon