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Habsburg — Margaretha Habsburg — Margaretha
den Thronen von Frankreich, Aragonien,
Casnlien und Savoyen enger verknüpft,
war sie, so zu sagen, die natürliche Ver-
treterin in allen großen Fragen der
Politik, an welchen die genannten Mächte
immer betheiliget waren. Mehrere Fürsten,
auf ihren Geist und ihr Rechtsgefühl
vertrauend, wählten sie zur Schiedsrich'
terin in
streitigen
Fällen. Ihre Klugheit,
geschärft durch solche stätige
Nebung und
nie entweiht, weil
sie den ganzen Zauber
ihrer Weiblichkeit, wenn es galt, in die
Wagschale legte, wurde in Europa bald
sprichwörtlich und Kar l 's V. Tante,
Margaretha von Oesterreich, warder
größte Diplomat in der ersten Hälfte des
16. Jahrhunderts. Ihre Kunst zu unter-
handeln, hatte sie in mehreren Fällen
glänzend bewiesen. Einen mit He in»
rich VII. von England geschlossenen, für
Castilien nachtheiligen Handelsvertrag
aufzulösen und zwischen beiden Staaten
einen entsprechenderen zu Stande zu brin»
gen, war ihr gelungen. Der berühmte
Vertrag von Cambrai, jedoch nicht zu
verwechseln mit dem 24 Jahre später zu
Cambrai geschlossenen Damenfrieden, war
Margarethens Werk. Der äußerliche
Zweck dieser Verhandlungen war die
Beseitigung der Mißhelligkeiten, welche
zwischen dem Kaiser und dem Könige von
Frankreich, ob der Unterstützung, welche
ersterer dem Herzoge von Geldern, Karl
Egmond, gewährte, entstanden waren.
Eigentlich handelte es sich aber um viel
wichtigere Dinge, es galt die Feststellung
hes Verhältnisses beider Souveräne
in Italien im Augenblicke, als Papst
Julius II. den Krieg gegen Venedig
begann, in welchem Falle sich ihre
beiderseitigen Interessen kreuzten und
ihrer Politik entgegengesetzte Verbindlich
keiten auferlegte. In solchem Falle eine
Vereinbarung zu erzielen, war eine ebenso wichtige als schwierige Aufgabe. Lud«
wig XU. hatte den Cardinal von
Amboise zu den Verhandlungen bestimmt,
Maximilian fand zu dieser Mission
Niemand geeigneter, als seine Mar«
garetha. Die Erzherzogin kam Mitte
November 4308 in Cambrai an. Ihre
Anmuth und Liebenswürdigkeit, verbun»
den mit ihrem Geiste, wirkten entscheidend
bei den Verhandlungen. Am 10. Decem«
ber wurden dieselben, für Frankreich
mit nicht zu günstigen Bedingungen,
geschloffen. Der Friede von Cambrai
erfüllte Maximilians Herz mit unsäg»
licher Freude, er übertraf weit alle seine
Erwartungen. Nach solchen diplomatischen
Fahrten kehrte die Erzherzogin immer
wieder gern nach ihrer Residenz in
Mecheln zurück. Ihre nicht glückliche
Jugend hatte ihrem Wesen den Stämpel
einer sanften Melancholie aufgedrückt.
Aus diesem Umstände erklärt sich auch
ihre selbstgewählte Devise: ^^ortunO iin-
rwu.6 loit un6"s). In den Wissen«
schaften und in der Kunst fand sie die
Zuflucht für ihre düsteren Gedanken. Es
gab zu ihrer Zeit glänzendere und präch«
tigere Höfe in Europa, aber einen Hof,
dem Gelehrte und Künstler allen Glanz
verliehen, wie dem ihrigen, gab es nicht.
Die Dichter fanden an Margarethens
Hofe hochherzige Ermuthigung, nicht
nur, daß deren Schöpfungen die Auf«
merksamkeit der Fürstin in Anspruch nah»
men, sie selbst flüchtete zur Muse und
vertraute ihr ihre Empfindungen. Mecheln
blühte zur Zeit, als Margaretha dort
*) Jedoch gibt Fugg er eine andere Devise Mar-
garethens an: um einen jungen Baum, über
welchen eine aus Wolken hervorragende Hand
einen dreifachen Donnerstrahl hält, die Worte:
mors muners no5ti'o",
Des Todes Neid
Raubt meine Freud'.
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Habsburg-Hartlieb, Volume 7
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Habsburg-Hartlieb
- Volume
- 7
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1861
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 472
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon