Page - 16 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Habsburg-Hartlieb, Volume 7
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Habsburg — Maria Habsburg — Maria
Anspruch. Unter solchen Umständen könn
ten sich
die Abgeordneten in keine weiten'
Verhandlungen einlassen und kehrten
unverrichteter Dinge zurück; jedoch hatten
sie noch in die Uebergabe von Arras,
welches der König damals belagerte,
eingewilligt. Indessen hatte sich Gent,
wohin sich Maria begeben hatte, um
dort die Rückkehr ihrer Gesandten zu
erwarten, empört, die Einwohner hatten
die vonMaria 's Vater bestellten Behör-
den ermordet und sich selbst der jungen
Fürstin bemächtiget, die Gent nicht ver«
lassen durfte. Die Flandrischen Stände,
statt ihre Fürstin zu schützen. machten
durch ihr Verhalten Maria's Lage noch
verhängnißvoller, erst versagten sie ihr
das Recht, ohne ihre Zustimmung etwas
zu unternehmen und dann schickten sie
aus eigener Machtvollkommenheit Abge«
ordnete an den französischen König, um
mit ihm zu unterhandeln. König Lud-
w i g aber, um M ar i a's peinliche Lage zu
erschweren, weigerte
sich mit diesen stän-
dischen Abgeordneten zu verhandeln und
gab als Grund jenen Brief Maria's
an, in welchem
sie dem Könige geschrieben,
nur mit den zwei von ihr gesendeten
Rathen zu unterhandeln. Entrüstet kehr-
ten die ständischen Abgeordneten nach
Gent zurück, wo mittlerweile Ludwig
die Bevölkerung insgeheim bearbeitet
hatte. Die Mittheilungen der Gesandten
über Maria's vermeintliche Treulosig-
keit brachten eine furchibare Aufregung
hervor. Imbercourt und Hugonet
wurden verhaftet, gefoltert und zum Tode
verurtheilt. Alle Bemühungen Maria's,
ihre treuen Diener zu retten, waren ver-
geblich. In Trauer, mit aufgelösten
Haaren, eilte die Fürstin auf das Rath-
haus, von dort auf den Marktplatz, wo
eben die Hinrichtung stattfinden sollte;
und während sich
zwei Parteien bildeten, die eine, welche von der Fürstin zum
Mitleid gerührt worden war, die andere,
die in ihrer Grausamkeit beharrte, und
wahrend beide Parteien ihre Piken gegen
einander erhoben, fielen unter dem-
Schwerte des Henkers die Häupter der
beiden Opfer. Ohnmächtig wurde die
junge Herzogin vom Platze getragen. In
dieser Lage sah Maria nur Ein Mittel
zur Rettung. Sie entschloß sich einem
Manne ihre Hand zu reichen, der stark
genug wäre, sowohl gegen ihre inneren
als äußeren Feinde sie mit Erfolg zu
schützen. Noch als ihr Vater gelebt,
hatten sich Werber uin Werber für die
ebenso schöne als reiche Erbin eingefunden.
Karl hatte seine Tochter dem Könige
von Frankreich als Gemalin des Dau»
phins versprochen. Mer dieser zahlte erst
7 Jahre und Maria's Widerwille gegen
Ludwig XI. war so groß, daß
sie
sich
nicht entschließen konnte, ihn zum Schwie-
gervater zu haben. Zwei andere Bewerber,
er Herzog von Berry, Ludwig's XI.
Bruder, und Nikolaus von Anjou,
Herzog von Calabrien und Lothrin-
gen, waren nicht glücklicher mit ihren
Anträgen. Des Kaisers Friedrich III.
Sohn, Erzherzog Maximilian, besaß
zwar die Gunst der schönen Herzogin,
iber die Weigerung des Kaisers, das
Herzogthum Burgund noch vor der Ver«
mälung zum Königreiche zu erheben,
machte, daß Karl die Unterhandlungen
abbrach. Die flandrischen Stände, wie
ene von Gent hatten ihr gleichfalls
Nänner zugedacht. Die Ersteren den
Grafen von Eleve, die Letzteren den
Titularherzog von Geldern, Adolph von
Nassau; der Graf von Clarence,
Bruder der Gemalin des englischen
Königs Eduard IV., trat auch als
Brautwerber auf. Maria aber hatte
)en besten Theil gewählt und entschied
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Habsburg-Hartlieb, Volume 7
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Habsburg-Hartlieb
- Volume
- 7
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1861
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 472
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon