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Zabsburg — Maria Antonia 32 Hadsburg — Maria Antonia
ringern. Bei der Selbstsucht der Fran-
zosen blieb es immer der empfindlichste
Vorwurf, welcher der Königin gemacht
werden konnte, daß sie an Deutschland,
besonders an Oesterreich hänge, und
Frankreich diesen nachsetzte. Die zahl«
reichen heimlichen Wohlthaten, welche
sie übte, kamen nicht ihr, sondern den
Töchtern Ludwig'sXV., ihren Tanten,
zu Gute, welche dafür von Seite des
Volkes große Verehrung genoffen. Am
19. December 4778 wurde Mai ia
Antoinette von einer Prinzessin ent-
bunden, welche in der Taufe den Namen
Maria Theresia empfing. Zwei Jahre
spater, am 22. October 1781, gebar
M a r i a Anto inet te einen Sohn,
deffen Geburt in großartigen Festen
gefeiert wurde. Vier Jahre später (1783)
gebar sie Ludw ig XVII. Indessen
begann sich der politische Horizont Frank»
reichs zu trüben, und einzelne Umstände
gesellten sich hinzu, die Stimmung des
Volkes dem Hofe, insbesondere der Köni-
gin, abwendig zu machen. Die verrück)«
teste Intrigue mit der berüchtigten Hals«
bandgeschichte war für den Blödsinn des
großen Haufens genügend,
sich zu Demon-
strationen gegen die Königin verleiten
zu lassen, die an der Sache selbst nicht
den geringsten Antheil hatte, und das
Opfer einer erbärmlichen Cabale war.
Die finanzielle Zerrüttung Frankreichs
hatte die Einberufung der Norablen nöthig
gemacht, sie war aber fruchtlos gewesen,
und es stellte sich die Nothwendigkeit
heraus, eine allgemeine Reichsversamm»
lung einzuberufen. Im Cabinete stritt
man, ob die Einberufung zu Versailles
oder zwanzig bis dreißig Meilen von der
Hauptstadt stattfinden sollte. Maria
Antoinette, im richtigen Vorgefühle
der Zukunft, stimmte für das letztere, um
die Pariser Volksmaffe von denBerathun« gen fern zuhalten. Necker's Meinung
erhielt das Uebcrgewicht, und Versailles
wurde gewählt. Mit dem 4. Mai 1789,
dem Eröffnungstage der Reichsversamm-
lung, begannen Maria Antoinettens
große Leiden. Bald nach der Eröffnung
der Reichsversammlung — am 4. Juni
1789 — starb der erste Dauphin,
achtjährig. Am 26. Juni hatte der feier-
liche Eid der Abgeordneten des dritten
Standes im Ballhaufe zu Versailles
stattgefunden und am 23. d. M. erfolgte
die berüchtigt gewordene königliche
Sitzung, wo der Minister Necker, einige
vom Könige in seinen Erklärungen eigen-
mächtig vorgenommenenAenderungen zum
Vorwande benutzte, dem Könige das Geleit
in die Versammlung zu versagen, wodurch
sich die öffentliche Meinung nur noch
mehr gegen die königliche Familie richtete.
Die Aufregungen gegen die Königin
dauerten indessen ununterbrochen fort,
und verfehlten nicht ihre Wirkung. Unter
verhängnißvollen Ereignissen — denn die
bedauerlichen Unruhen vom 11., 12. und
14. Juli 1789. die Ermordung Flesel-
(es, des Vorstehers des neuen Stadt»
Magistrates, und Launay's, des Gou>
verneurs der Bastille, hatten am letzt»
genannten Tage stattgefunden — erschien
der 16. Juli, an welchem beim Könige
die höchst wichtige Berathung stattfand,
ob der König Versailles verlassen und
mit den Truppen gehen, deren Rück»
marsch er eben befohlen hatte, oder ob er
nach Paris sich begeben sollte, wo nach
den Vorstellungen mehrerer Deputationen
seine Erscheinung alle Parteien beru>
higen würde. Die Königin wünschte das
erstere; die Stimmenmehrheit, welcher
der König sich zu unterwerfen beschloß,
entschied für das lehrere. Die Auswan«
derung des Adels begann nunmehr, und
die Volksgährung wuchs. Die October
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Habsburg-Hartlieb, Volume 7
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Habsburg-Hartlieb
- Volume
- 7
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1861
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 472
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon