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Aabsburg — Maria Antonia 3 3 Habsburg — Maria Antonia
feste fanden am 1. Statt, und die Garde
du Corps, wie das Regiment Flandern
benutzten dieselben, um die entschiedenste
Ergebenheit für den Thron und ihren
Abscheu für die Volkssache zu erkennen
zu geben. Der 3. October erschien, an
welchem die Pariser Nationalgarde mit
der Hefe des Volkes der Hauptstadt
gegen Versailles zog. Die im königlichen
Schlosse verübten Greuelscenen sind
bekannt. Um 1 Uhr verließen Ludwig
und Antoinette, unter Bedeckung des
Pariser Pöbels, Versailles, begleitet von
ihren zwei Kindern, dem Bruder des
Königs (Monsieur) und seiner Gemalin,
und des Königs Schwester Elisabeth.
I n Paris lebte nun die königliche Familie,
während die Pläne der Aufrührer immer
größere Fortschritte machten. Den Vor-
schlag der Herzogin von Luynes, die
Königin solle auf einige Zeit, bis zur
Vollendung der Constitution, Frankreich
verlassen, damit ihre Gegner sie nicht
beschuldigen könnten, dem Unternehmen
beim Könige entgegengewirkt zu haben,
nahm Mar ia Antoinette, obgleich
sie die edle Absicht der Herzogin durch-
blickte, nicht an. Sie erklärte: „Nie den
König, nie ihren Sohn zu verlassen;
wenn sie allein dem öffentlichen Hasse
ausgesetzt sei, wäre sie jeden Augenblick
bereit, selbst ihr.Leben aufzuopfern; doch
wenn es den Thron gelte, oder ihre Eni>
fernung vom Könige, so würde sie durch
Einwilligung hierein eine Niederträchtig-
keit begehen, deren einziger Gewinn die
Rettung ihres Lebens sei." Der sonst
einförmige Aufenthalt der königlichen
Familie in den Tuilerien wurde durch
das traurige Schicksal des Marquis
Favras (hingerichtet Abends bei Fackel»
schein am 19.Februar 1790), welcher den
König zu entführen und eine Gegenrevo-
lution zu bewirken beabsichtigte, getrübt;
v. Wurzbach, biogr. Lexikon. VI I . Maria Antoinette selbst beschäftigte
sich mit der Erziehung ihrer Tochter, und
da sie bei der aufgeregten Stimmung, in
welcher sie sich befand, nicht zu lesen ver-
mochte, mit großen Tapetenstickereien. Im
Sommer 17M übersiedelte die königliche
Familie nach St. Cloud, dort fand die
geheime Zusammenkunft Mirabeau's,
welcher bereits in Paris sich der könig»
lichen Familie zu nähern begonnen
hatte, mit der Königin Statt. General
Weber in seinen Denkwürdigkeiten mel-
det anläßlich dieser Zusammenkunft: Nach-
dem Mirabeau Antoinetten seine
Absichten, Erwartungen und Hilfsquellen
dargelegt hatte, und sich verabschieden
wollte, sagte er noch: „Madame! wenn
die Kaiserin, ihre erlauchte Mutter, einem
Unterthanen die Ehre des Zutrittes
scdenkte, so entließ sie ihn niemals, ohne
ihm einen Handkuß zu gestalten." Bei
diesen Worten reichte ihm die Königin
mit der allen ihren Bewegungen eigenen
Anmuth die Hand, worauf Mirabeau
die historisch gewordenen, leider nicht m
Erfüllung gegangenen Worte ausrief:
„Dieser Kuß rettet die Monarchie." Als
im Frühling l?91 die Königsfamilie
wieder nach St. Cloud sich begeben
wollte, hatte sich die Nachricht von
Fluchtvorbereitungen im Volke verbreitet.
Am 18. April war die Abfahrt festgesetzt,
schon saß die königliche Familie im
Wagen, als Volkshaufen die Abfahrt
hinderten, und der König mit seiner
Familie, nachdem er eine Stunde im
Wagen gesessen, die Fahrt aufgeben,
aussteigen und in die Tuilerien zurück»
kehren mußte. Solche Erfahrungen steiger«
ten nur die Ungeduld der Königin,
welcher eine solche Entwürdigung der
königlichen Macht unerträglich war, und
die nun Tag und Nacht darauf sann, sich
dem Einflüsse solcher Gewaltthaten ein
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Habsburg-Hartlieb, Volume 7
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Habsburg-Hartlieb
- Volume
- 7
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1861
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 472
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon