Page - 36 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Habsburg-Hartlieb, Volume 7
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B absburg — Maria Antonia 3 6 Habsburg — Maria Antonia
Nationalconvente die Frage über die
Bestrafung des Königs wegen der auf
dem conftitutionellen Throne begangenen
Verbrechen zur Sprache. Am 3. Decem-
ber beschloß der Convent, daß Lud-
wig XVI. durch ihn gerichtet werden
solle, und acht Tage später, 14. December,
wurde der König vor die Schranken des
Convents geführt, um die Anklageurkunde
zu hören. Am 7. Jänner 1793 schloß
der Convent die Untersuchung des
Königs, am 16. erklärte er ihn der Ver«
schwörung gegen die Freiheit der Nation
schuldig, am 17. sprach er die Todesstrafe
wider ihn aus, und setzte am 19. fest,
daß binnen 24 Stunden die Hinrichtung
zu vollziehen sei. Eine Appellation an
das Volk wurde verworfen. Ludwig's
Bitte um einen dreitägigen Aufschub und
die Beseitigung der lästigen Aufsicht der
Cornmifsäre während des kurzen Zusam-
menseins mit seiner Familie wurde nur
cheilweise gewährt. Am 20. Jänner um ^
nach Zehn nahm Ludwig Abschied von
seiner Familie, und versprach, sie am fol-
genden Tage um 8Uhr Morgens noch ein»
mal zu sehen. Er ersparte ihr und sick
den
qualvollsten, entsetzlichsten Abschied, und
ließ sich am 2l. zum Tode führen. Mit
der schrecklichen Botschaft von der Ermor-
düng des Königs, welche sein Beichtvater,
Abbö Henry Allen Edgeworth, der
Königin überbrachte, hüllte sich Mar ia
Antoi nette in Trauer. Aber noch stand
ihr Bitteres bevor. Der Dauphin ward
aus ihren Armen gerissen, und dem
Schuster Simon, einem rohen Trunken»
bolde, übergeben(3.Juli); dann wurde sie
gar von Tochter und Schwägerin getrennt
(1. August) und aus dem Tempel nach
der Conciergerie, dem Gefängnisse der
gemeinsten Verbrecher, gebracht. Wohl
hatte der alte Adel zur Rettung der
Königsfamilie einen neuen Ritterorden, den der Ritter der Königin, gestiftet,
und als Ordenszeichen deren Bildniß mit
der Umschrift: „UaFnnni r6^in2,6 noinen.
odrnnbrat" angenommen. Aber das war
auch Alles, was er gethan, gerettet hat
er Niemand, nur sich aus dem Staube
gemacht und die Königin, wie die Ihrigen,
dem Schicksale überlassen. Lange schwankte
man im Convente, ob die Gefangenen vor
das Blutgericht zu stellen seien, oder ob
man
sie verbannen solle? Nach dem Sturze
der Gironde (31. Mai) war die Frage
erledigt. Am 13. August erwirkte Bar-
röre im Namen des öffentlichen Wohl»
fahrtsausschusses den Beschluß des Ratio-
nalconvents, daß Mar ia Antoi nette
vor eine außerordentliche Gerichtscom»
Mission gestellt werden solle. Dabei blieb
es bis zum 3. October. an welchem Tage
der schon erwähnte berüchtigte Bil laud>
Varennes sich im Convente über die
unbegreifliche Verzögerung der Angele«
genheit beschwerte und verlangte, daß
die Witwe Capet 's unverzüglich gerich-
tet werde. Am 14. October mußte
Mar ia Antoinette vor den Schrcm»
ken des Criminal-Revolutions-Gerichts'
Hofes erscheinen und ihre Anklageacte
vernehmen. Diese Acte ist der Inbe»
griff menschlicher, nur in Frankreich
möglicher Frechheit. Der ganze Gang
des gegen die Königin eingeleiteten Ver«
fahrens bewies hinlänglich, daß es den
Mördern nur darauf ankam, dem schon
bestimmten Todesstreiche die Form einer
gerichtlichen Untersuchung zu geben. Am
15. October fand die Scblußverhcmdlung
Statt. Die Vertheidiger der Königin,
Chauveau-Lagarde und Tron<)on
Ducondray, welche ihr von Gerichts-
wegen zugeordnet waren, erfüllten ihre
Pflicht mit redlichem Eifer. Aber es war
Alles bereits abgekartetes Spiel. Der
Tribunalpräsidmt Her man suchte in
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Habsburg-Hartlieb, Volume 7
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Habsburg-Hartlieb
- Volume
- 7
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1861
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 472
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon