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Habsburg — Maria Elisabeth 4? Habsburg — Maria Elisabeth
MariaTheresia (geb.20.März 1762,
gest. 23. Jänner 1770) und Christine
(geb. und gest. 22. November 1763).
Joseph war entzückt von seiner Gemalin,
welche nicht nur äußere Schönheit und
Anmuth, sondern auch Verstand, Geist
und Talente besaß. Mehr als einmal
äußerte er, es schmerze ihn, ihr nur ein
Herz bieten zu können. Vom ganzen
Hofe wurde sie angebetet, insonderheit
besaß sie die Bewunderung und Liebe
ihrer Schwiegermutter. Maria The«
resia Pflegte zu sagen: „Es gibt im
Verlaufe des Tages nicht einen Augen«
blick, in welchem ich nicht veranlaßt wäre,
sie zu bewundern". Maria Isabella
übte großen Einfluß auf Joseph, sie
verstand es, seinen feurigen Ungestüm
zu mäßigen und durch Bildung und
Kenntnisse war sie auch nicht selten eine
glückliche Rathgeberin in Geschäften.
Indeß zehrte eine gewisse Schwermuth
an ihr; Todesahnungen erfüllten ihr
Gemüth, unendlich litt dabei ihr Gemal.
Maria Theresia zitterte für Beide.
Eines Tages sagte die Kaiserin zu
Caraccioli: „Ich liebe sie zu sehr, um
sie nicht verlieren zu müssen, sie wird ein
Opfer sein, das der Himmel von mir
verlangt". Leider erfüllte sich ihre Prophe-
zeiung. Maria Isabella starb nach
kaum dreijähriger Ehe im Alter von
21 Jahren an den bösartigen Blattern,
fünf Tage nach der Geburt ihrer zweiten
Tochter Christine, deren Leben unmit.
telbar nach der Geburt erlosch. Inter«
efsant ist, was die geistvolle Karoline
Pichler in ihren Denkwürdigkeiten über
Maria Isabella mittheilt. „Diese
Prinzessin, schreibt Frau von Pichler,
hatte sich früher dem Kloster bestimmt,
und eine Anecdote, welche ich von ihr
erzählen hörte, läßt helle Blicke in die
Tiefe ihres kräftigen^und eigenthümlichen Gemüthes werfen. Ihr war eine geliebte
Person — wenn ich nicht irre ihre Mutter
— gestorben. Ganz in tiefsten Schmerz
aufgelöst, kniete sie am Sarge und fiehte
zu Gott, sie bald mit der Vorangegan«
genen zu vereinigen. Da war es ihr, als
spräche Jemand die Zahl Drei aus. Ihre
hocherhabene Seele ergriff mit Begierde
diesen, wie sie glaubte, prophetischen Aus«
spruch und in drei Tagen hoffte sie die
Erfüllung ihres sehnlichen Wunsches.
Aber es vergingen drei Tage, drei Wochen,
drei Monate und der erwartete Friedens«
böte, der die der Welt Ueberdrüssige
abrufen sollte, erschien nicht. Wohl aber
erschienen bald darauf die Boten des
österreichischen Hofes, welche die Hand
der Prinzessin für den Erben so vieler
Kronen, für einen der schönsten, geist»
vollsten und versprechendsten Prinzen for»
derten. Nur ungern, nur aus Zwang,
entsagte die Prinzessin ihrem Wunsche,
ihr Leben in Einsamkeit und Trauer hin-
zubringen und ward des römischen Königs
(denn das war Joseph damals schon )^
Frau. Er umfaßte die nicht schöne, aber
höchst liebenswürdige und anziehende
Braut mit aller leidenschaftlichen Glut
eines starken Gemüthes. Er liebte sie
heftig, innig, zärtlich, und obwohl sie
diese Gefühle zu erwidern sich außer
Stand fühlte, so mußte sie doch, von
ihrem richtigen Verstande und geläuterten
Gefühle geleitet, sehr wohl verstanden
haben, selbst den Forderungen seines
liebenden Herzens zu entsprechen; denn
so lange sie lebte, glaubte er sich von ihr
geliebt. Während ihres kurzen Lebens an
seiner Seite hatte sie ihr Herz, vor allen
Anderen, einer seiner Schwestern, der
*) Das war Joseph damals noch nicht; erst
gl/g Jahre später, am 27. März 1764, erfolgte
Joseph's Wahl zum römischen Konige und
am 3. April d. I . seine Krönung zu Frankfurt.
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Habsburg-Hartlieb, Volume 7
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Habsburg-Hartlieb
- Volume
- 7
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1861
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 472
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon