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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Habsburg-Hartlieb, Volume 7
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Page - 80 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Habsburg-Hartlieb, Volume 7

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Habsdurg — Maria Theresia 80 Habsburg — Maria Theresia VI. Charakteristik der Kaiserin. Hor m a y r ent- wirft von der Kaiserin folgendes Bild: „Mar ia Theresia war größer, als die meisten Frauen, aber die vollkommene Pro- portion ihrer Gestalt zeichnete sie noch mehr aus, als ihre Größe. Ihr Angesicht war ein schönes Oval, belebt durch milde und doch feurige (obwohl nur graue) Augen, geziert durch die herrlichste Farbe, durch die gebogene Nase der Habsburger, durch einen überaus lieblichen Mund, der die aufgeworfene bur- gundische Lippe nicht mehr hatte. Sie war mehr blond, wie alle Habsburger, glich aber doch mehr ihrer Mutter, als ihrem Vater, obwohl auch von jener in manchen Zügen und im Ausdrucke ganz verschieden. Als sie älter ward, verlor ihre Gestalt das schöne Ebenmaß. Einst so schlank, wurde sie sehr fett, und die Pocken, die sie in ihrem 49. Jahre an den Rand des Grabes gebracht hatten, entstellten vollends dieses Meisterwerk der Schöpfung. Ihr Anstand war majestätisch, ja heroisch, wie ihr Thun. Sie besaß die unschätzbare Herrscher- gabe, nach Willkür zu erscheinen, wie es jedesmal die Gelegenheit forderte: freundlich oder gebietend, ermunternd oder in Schranken haltend. Ihre Stimme war hell, die Sprache rasch, begleitet mitvieler und lebhafter Geberde, der feurigste Ausdruck in jeder Bewegung. Ihn mäßigte zwar stets die hohe königliche Würde, aber unverkennbar schimmerte ihr Temperament, das rein sanguinische, durch. Ueberaus reizbar, war sie leicht aufgebracht, aber auch leicht wieder besänftigt, wo nur gegen sie gefehlt worden war, und mit über- fließender Güte entschädigend, wo sie gefehlt zu haben glaubte; denn sie war gerecht und gewissenhaft bis zur Aengstlichkeit, so daß man sie nur von der Ungerechtigkeit einer noch so vortheilhaften Sache überzeugen durfte, um sie selbe aufgeben zu machen; daher hielt sie aber auch alle Gegner ihres Staates für ihre besonderen ewigen Feinde, denen sie so leicht nicht vergab, als andern, die bloß sie selbst angegriffen hatten; jene hatten eben mit ihrer Person auch ihre Krone, und was ihr das Theuerste war, das Glück ihrer Unterthanen angetastet. Festigkeit in allen ihren Handlun- gen — Festigkeit in ihrem ganzen Wesen — Entschlossenheit und Consequenz machten den publizistischen Ausdruck der Ungarn: „unser KönigTheresia" zur psychologischen Wahr- heit. War sie sichtbar fromm und andächtig, so war sie auch im Innersten rein tugendhaft und ohne Tadel — Kunigunde zugleich und Penelopeia. Durch ihre Einrichtungen in Kirchensachen hat sie dargethan, was ihre reine, edle Frömmigkeit sei, und wie weit sie abweiche von dem Verfolgungsgeiste, der unter beiden Ferdinanden und deren Enkel und Sohn Leopold I. so viel Schaden gestiftet hat. Es war zwar bei ihr große Empfehlung, zur herrschenden Religion zu gehören, und sie interessirte sich mit ungcmeiner Wärme, aus» gezeichnete Protestanten zu Proselyten zu machen; allein sowohl aus innerer Ueberzeu- gung, als am° Staatsabsichten. An der Monarchin, die zuerst Einheit in den öster- reichischen Staatenvcrein gebracht hat, kann das nicht befremden — und wenn der Herr« scher verlangen kann, daß seine vorzüglichsten Diener in einzelnen Administrationsgegenstän» den gerade nach gewissen Principien handeln, so war ihr wohl der Wunsch nicht zu verargen, sie möchten mit ihr in etwas übereinstimmen, was ihr selbst so theuer und ehrwürdig war. Außerordentlich und fast verschwenderisch war ihre Wohlthätigkeit; sie wollte lieber, daß mitunter auch ein Unwürdiger davon zehre, als daß das geringste Verdienst leer aus- gehe. Und diese große Königin, geboren zum Walten über Millionen, die unverzagte Net« terin der Monarchie, war zugleich die crsto. die zärtlichste Gattin, die gütigste, die sorgfältigste Mutter. So hatte die Erbauerin des Mauso- leums nicht ihren Genial betrauert und geehrt, wie Mar ia Theresia den ihrigen. Von seinem Todestage an legte sie die äußer- lichen Zeichen der Trauer nie mehr ab. Am 18. Tage jeden Monats schloß sie sich einsam ein, zur Erinnerung und zu Thränen (denn er war am i«. Monatötage gestorben); stunden« lang weilte sie in der tiefen Gruft, die ihn barg — und sie nahm es als Vorbedeutung, als liebenden Ruf, als das Lchtemal das Seil des Stuhles, auf dein sie hinuntergelassen wurde, riß! Ihr feines Gefühl für's Schickliche, für die der Gesetze Gewalt ergänzende, über- treffende Macht der Sitte, und für die Würde der Frauen, der Gedanke vielleicht, daß es ihr, der Ersten ihres Geschlechtes, zieme, die Beschützerin desselben zu sein, haben sie manch' mal zu dem Mißgriffe verleitet, dio Sitten durch gehäufte Prohibitivsatzungcn bessern zu wollen und manche Ehe blos durch Zwang oder durch Convenienz zu knüpfen. Selbst Frau — und nicht ohne Eifersucht liebende Gattin, vergab sie nichts schwerer, als Treu« losigkeit der Männer gegen die Frauen, Belei» digungen, die aus dem unedlen Gefühle des
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich Habsburg-Hartlieb, Volume 7
Title
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Subtitle
Habsburg-Hartlieb
Volume
7
Author
Constant von Wurzbach
Publisher
Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
Location
Wien
Date
1861
Language
German
License
PD
Size
13.41 x 21.45 cm
Pages
472
Keywords
Biographien, Lebensskizzen
Categories
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