Page - 85 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Habsburg-Hartlieb, Volume 7
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— Mathias Habsburg — Mathias
Kaisers Argwohn gegen Math ias war
durch Nichts zu beseitigen und was
dieser bat, blieb unerfüllt. Endlich gelang
es den inständigen und beharrlichen Bit»
ten der Kaiserin Mutter, daß Rudolph
seinem Bruder die Statthalterschaft
Oesterreichs übergab; aber schon 1393
nahm er ihm dieselbe wieder. Nun erhielt
Math ias den Befehl über die Armee,
welche in Ungarn gegen die Türken
agirte, und seine Unternehmungen waren
im Ganzen vom Glücke begünstigt, aber
Rudolph's Argwohn gegen seinen
Bruder nahm in so bedenklicher Weise
zu, daß er ihn gegen die bestehenden
Hausgesetze vom Rechte der Nachfolge
ausschloß, um diese dem Erzherzoge
Ferdinand von Steiermark zuzuwen-
den; dabei nahm die Entwicklung des
Gemüthszustandes Rudolph's eine
so bedenkliche Richtung, daß sich alle
Erzherzoge am 23. April und 11. No«
vember 1606 vereinigten und Mathias
zum Haupte, Regenten und Schutzherrn
des Hauses ernannten. Math ias , erbit-
tert durch so viele Unbilden des Bruders,
die er seit Jahren erduldet und durch
diese letzte im hohen Grade aufgebracht,
verband sich nun mit den Protestanten
in Ungarn und Oesterreich, rückte mit
einem Heere in Mähren und Böhmen
ein und unterhandelte mit den Ständen
wegen der Entthronung Rudolph's.
Dieser wollte fliehen, aber durch Ver-
mittlung Sachsens, Brandenburgs, des
Nuntius und spanischen Botschafters
kam es zu einem Vergleiche, in welchem
der Kaiser (am 23. Juli 1606) Ungarn
und Oesterreich förmlich an Math ias
abtrat und ihn zugleich als designirten
König von Böhmen erkannte. Math ias
hatte früher schon den Ungarn viele
wichtige politische und kirchliche For>
derungen zugestanden, auch die öfter« reichischen Stände hatten ihm die Capi«
tulations-Resolution und mit ihr unbe-
.dingte Glaubensfreiheit abgenöthiget,
und unter folchen Verhältnissen waren
auch die Stände in Böhmen, Mähren
und Schlesien nicht unthätig geblieben
und hatten Verbindungen nach Außen
angeknüpft, um zur Zeit mit Nachdruck
auftreten zu können. Die Fehden aber
mit seinem Bruder dauerten fort und wur»
den um so heftiger, als Rudolph Alles
versuchte, seines Gegners Einfluß zu
schwächen, sich aber dazu nicht immer der
glücklichsten Mittel bediente. Mathias
zwang endlich den Kaiser (am 11. April
1611) zur völligen Abtretung der erb«
ländischen Regierung und somit auch
Böhmens, welche Demüthigung der Kaiser
Rudolph nicht lange überlebte, denn
neun Monate später starb er, 60 Jahre
alt. Math ias war bereits im Jahre
1608 zum Könige in Ungarn gewählt und
am 19. November d. I . gekrönt worden,
König in Böhmen wurde er nun am
24. Mai 1611. Nach Rudolph's Tode
wurde er am 3. Juni 1612 zum römi-
schen Kaiser in Frankfurt gewählt und
am 24. Juni d. I . gekrönt. Auf dem
Regensburger Reichstage, welcher der
Krönung unmittelbar folgte, kam wieder
die gehemmte Reichsjustiz in ihren gere»
gelten Gang, wurden die Münzmiß«
brauche abgestellt und Anstalten getrof-
fen, dem Uebermuthe der Türken zu
begegnen. Ueberdieß fand auf diesem
Reichstage die förmliche Trennung zwi>
schen Protestanten und Katholiken zum
ersten Male Statt, und alle Versuche
des Kaisers, eine Vereinigung zu erzielen,
blieben vergeblich. Wenigstens trachtete
aber Mathias die religiösen Factionen
im Kaiserstaate möglichst unschädlich zu
machen und sich durch Bündnisse und
Vergleiche zu kräftigen; so schloß er
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Habsburg-Hartlieb, Volume 7
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Habsburg-Hartlieb
- Volume
- 7
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1861
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 472
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon