Page - 86 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Habsburg-Hartlieb, Volume 7
Image of the Page - 86 -
Text of the Page - 86 -
Habsburg — Mathias 86 Habsburg — Mathias
Allianz mit Polen (23. März 1613)
und erneuerte (14. Juni 1613, I.Mai
1616 und 27. Februar 1618) den tür-
kischen Waffenstillstand auf 20 Jahre.
Der Umstand, daß der Kaiser keinen
Nachfolger aus seiner Ehe zu hoffen hatte,
trug auch dazu bei, den innern Frieden
zu stören, denn an Bewerbern um den
Thron fehlte es nicht; und Mathias
war nicht der Mann, sich bei lebendigem
Leibe einen Erben geben zu lassen. Nun
aber gelang den vereinten Bemühun-
gen zweier Brüder des Kaisers, des
Hoch» und Deutschmeisters Maximil ian
^Nr. 264^ und Albrecht's VII. des
Frommen ^Nr. 13), die Erbfolge dem
Erzherzoge Ferdinand von Steier-
mark zuzuwenden, der auch wirklich am
9. Juni 1617 als Thronfolger in Böh»
men anerkannt und (29. Juni) gekrönt
wurde. Indessen begannen die Unruhen
in Böhmen immer ernster zu werden.
Der dem Kaiser Rudolph bereits abge«
trotzte Majestätsbrief gestattete sowohl
dem Ritter» und Herrenstande und den
königlichen Städten freie Religionsübung,
dem Unterthan hingegen war es nicht
erlaubt, neue Kirchen- und Unterrichts,
anstalten zu errichten. Den protestan»
tischen Unterthanen des Prager Erz«
bischofes und Abtes zu Braunau wurde
in Folge dessen untersagt, neue Kirchen
daselbst zu bauen; um das Verbot sich
nicht kümmernd, bauten sie fort. als aber
der Bau vollendet war, erschien eine
kaiserliche Commission, welche beide Kir«
chen schloß. Dieser Umstand, verbunden
mit den Verhöhnungen der Protestanten
von Seite der Katholiken, mit Verfügun«
gen, wodurch einzelne Persönlichkeiten,
die aber einen großen Anhang im Lande
hatten, wie Graf Thu rn, gedemüthiget
wurden, veranlaßte den Ausbruch jener
Unruhen in Böhmen, welche von den Historikern als der Anfang des unseligen
30jährigen Krieges betrachtet werden.
Es kam zu offenen Widersetzlichkeiten,
die Statthalter in Prag, der Burggraf zu
Karlstein Iaroslaus Vorzita Freiherr von
Martinitz, der Kammerpräsident Wil-
helm Slawata, der oberste Burggraf
Adam von Sternberg und der oberste
Kanzler Zdenko Poppel von 3 obkowitz,
alle bekannt als erklärte Feinde der neuen
Lehre, wurden im Prager Schlosse von
den bewaffneten Deputirten überfallen,
die letzten zwei in's Nebengemach geführt,
die ersten zwei aber aus dem Fenster
in den Schloßgarten herabgestürzt —
wo sie 80 Fuß tief sielen, ohne sich
jedoch
verletzt zu haben, weil sie auf einen Mist«
Haufen gefallen waren. Diesen Auftritten
folgte zunächst die Vertreibung der
Jesuiten. Ob diesen Gewaltthaten auch
von Seite der Regierung mit Gewalt
zu erwidern sei, war eine Frage, welche
Mathias und sein vertrauter Rath»
geber, Cardinal Clesel, bestimmt ver>
neinten, während Ferdinand (nach«
mals Ferdinand II.) sBd. VI, Nr.
82) auf bewaffnete Rache drang und
ein ausführliches Memorandum dieses
Anlasses wegen niederschrieb. Auch ließen
die Erzherzoge Ferdinand und Maxi«
milian den ihnen verhaßten Cardinal
Clesel eigenmächtig unverweilt ver»
haften und nach Ambras in Tirol
bringen. Dieß war ohne Wiffen des
Kaisers geschehen. Indessm, weil sich
im Lande keine Feldherren fanden, welche
das Commcmdo gegen die Aufrührer
in Böhmen übernommen hätlen, wurden
fremde geworben und dem Lothringer
Heinrich Du Val Graf von Dam-
Pierre und Karl Longueval von
Bucquoy aus Hennegau, beide Zög«
linge Spinola's, das Commando
anvertraut. Sie rückten nun in Böhmen
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Habsburg-Hartlieb, Volume 7
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Habsburg-Hartlieb
- Volume
- 7
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1861
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 472
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon