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Haßlwanter Hasilwanter
Grund zu einer Besorgniß in Abrede
stellte. I n der 63. (1 i. Kremsierer) Sitzung
(20. December) wurde H. unter 231
Stimmenden mit 130 Stimmen zum zwei«
ten Vicepräsidenten der Versammlung ge-
wählt und leitete als solcher in der 74.
(22. Kremsierer) Sitzung (19. Jänner
1849) die Debatte über z. 4 der Grund-
rechte, in welchem die Freiheit der Person
gewährleistet und die Aufhebung der pri>
vilegirten und Ausnahmsgerichte ausge-
sprochen wird. I n der 76. (24. Kremsierer)
Sitzung (23. Jänner 1849) eröffnete H.
die Debatte über den §. 5 der Grundrechte,
welcher die Oeffentlichkeit und Mündlich-
keit der Gerichte in Civil- und Straf«
fachen ausspricht und Schwurgerichte für
Verbrechen, politische und Preßvergehen
fordert, indem er als Redner gegen den
Paragraph auftrat und denselben modi»
sicirt wissen wollte, und zwar sollten nur
schwere Verbrecher vor die Assisen gestellt,
dann die Gerichtsbarkeit durch vom
Staate bestellte Richter geübt werden,
wenn auch Schwurgerichte bestünden.
I n einer schwungvollen, öfter von Beifall
unterbrochenen und am Schlüsse von an»
haltendem Beifall begleiteten Rede sprach
er seine Ansichten aus. Seine parlamen»
tarische Wirksamkeit gipfelte aber erst kurz
vor dem Schlüsse des Reichstages in der
denkwürdigen Debatte über den §.14 der
Grundrechte, die Stellung der Kirche zum
Staate betreffend. I n der 92. (oder 40.
zu Kremsier gehaltenen) Sitzung am
22. Februar 4849 hielt er seine denkwür«
dige Rede, beginnend „daß die katholische
Kirche bisher in Oesterreich in unverdien-
ter Knechtung lag (?), daß sie. obwohl sie
dieherrschende Kirche hieß, doch nur eine
Magd im Staate war (!), und schließend
mit der vom Beifall der Tribune begleite«
ten Phrase: „Dem Kaiser eine feste Krone,
der Kirche eine freie Mitra, dem Volke den grünenden Bürgerkranz". Nach der
Auflösung des Reichstages kehrte H. in
seine Heimat zurück, war aber zugleich in
den Staatsdienst getreten und zuerst
MinisterialcommiffärinGrundentlastungs-
Angelegenheiten in Tirol und rückte in
demselben unter Bach's Ministerium zum
Hofrath vor. I n der Zwischenzeit wurde
sein Name nur Einmal genannt, als er
mit populären Erläuterungen in der
Grundentlastungsfrage auftrat, welche, in
vielen Tausenden Exemplaren gedruckt,
zur Belehrung unter das Landvolk ver-
theilt wurden. Stark in den Vordergrund
und gleichsam als Führer einer durch
künstliche Agitation gebildeten Partei trat
er zu Anfang 1861 im Tiroler Landtage
auf, zu dessen Deputirten er gewählt
worden. Kaum war das von Sr. Maje-
stät in heiliger Regentenweisheit erlassene
Protestantengesetz erschienen, welches die
protestantische Kirche in Oesterreich nicht
mehr als eine geduldete, sondern als eine
in ihren Rechten der katholischen gleich'
gestellte erklärt, so begann im Tiroler
Landtage eine die Rechte der Krone tief
verletzende Agitation. Die Tiroler woll-
ten keine Protestanten im Lande dulden.
An der Spitze dieser Agitation stand
Haßlwanter, die Agitation selbst aber
erschien in allen anderen Kronländern als
Auflehnung gegen das von Sr. Majestät
sanctionirte Gesch. Als am 24. April der
Landtag geschloffen worden, richtete der
Erzherzog «Statthalter Kar l Ludwig
an Hofrath H. die Worte: „Das ernste
und mannhafte Wort, das Sie in der
Religionsfrage gesprochen, hat mich ge-
freut, ich sage Ihnen hiermit meinen
Dank". Nun war das Signal gegeben
zu einer Reihe von Huldigungen, welche
H. erwiesen wurden; nicht nur sehr
viele weltliche Gemeinden ernannten H.
zum Ehrenbürger, auch die Tiroler
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Hartmann-Heyser, Volume 8
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Hartmann-Heyser
- Volume
- 8
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1862
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 514
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon