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ausdrücklich H. bezeichnet wird. Seiner
publizistischen Thätigkeit machte der über
Prag verhängte Belagerungszustand ein
Ende. Zu Anfang 4831 hörten seine
Blatter zu erscheinen auf, H. selbst wurde
wahrend des Belagerungszustandes in
Prag wegen mehrerer Preßvergehen von
dem Kriegsgerichte zu wiederholten Malen
mit 8- und 14tagigem Profoßenarreste
bestraft, und einmal von dem Gerichte zu
Kuttenberg mit einer Geldstrafe belegt.
Er übersiedelte nun nach Kuttenberg und
setzte dort die Herausgabe des Wochen'
Blattes „ZiovÄn" fort, dessen erstes Heft
am 8. Mai 1830 und das letzte am
14. August 4831 ausgegeben wurde.
Politische Gründe veranlaßten aber auch
die behördliche Unterdrückung des „Na-
vlui". Bald darauf wurde H. zweier im
„IIovÄn" erschienenen Artikel wegen, und
zwar des Artikels: „äpi'liva ^IsAitoLti
o^ooniQli") d. i. Die Verwaltung der Ge°
meindegüter, und ^?r0ö^'8<3m odöanEm"^
d. i. Warum bin ich Staatsbürger? vor
das Schwurgericht gestellt, aber von dem-
selben am 12. November 1831 freigespro-
chen. Dieser Freisprechung jedoch folgte
alsbald seine Ausweisung aus der Heimat
und die Anweisung der TirolerstadtBrixen
zum künftigen Aufenthaltsorte. Dort
schrieb er seine Brirner Elegien, radicale
Dichtungen untergeordneten Werthes. I n
Briren lebte H. zurückgezogen einige
Jahre; im Oatober 1834 reiste seine
Gattin von Brixen nach Prag, um die
Erlaubniß zur Rückkehr nach Böhmen für
ihren Gatten zu erbitten, welche ihm
auch Anfangs 1833 ertheilt wurde. I n
dieser Zeit verlor er seine Lebensgefährtin
(16. April 1833). Aber auch er hatte
bereits zu kränkeln begonnen; als sein
Nebel zunahm, begab er sich von Deutsch»
brod, wo er lebte, nach Prag, um den
Rath der Aerzte einzuholen, aber das Uebel hatte schon einen sehr bedenklichen
Charakter angenommen und in kurzer
Zeit erlag er demselben. Seinem mit einem
Lorberkranze geschmückten, von Freunden
getragenen Sarge folgte eine große Men»
schenmenge. Er ruht neben seiner Gattin,
an die ihn die zärtlichste Neigung fesselte,
auf dem Wolschaner Gottesacker. Von
seinem Geburtsorte Borow hat H. seinen
Schriftstellernamen Hawel Borowsk) '
angenommen. Mit ihm sank ein bedeu»
tendes Talent, der erste Publicist der
öechischen Literatur, in's Grab. Euer»
gisch, scharf auffassend, die einmal gefaßte
Neberzeugung unbeugsam verfechtend, von
der Zeit derAufregung genährt und groß«
gezogen, war er der rücksichtslose Führer
einer Partei, die selbst gegen Alles, was
sie nicht w i l l , unduldsam, Alles, was
sie thut, auch ihre gröbsten Unbilden, ge«
duldet wissen will. I n einer Zeit der
Ruhe und geklärter politischer Verhält-
nisse würde er bei seiner nicht gewöhn-
lichen geistigen Begabung und seinem
ehrlichen Festhalten an der e,inmal ge-
wonnenen Neberzeugung Ersprießliches ge-
wirkt und die Rolle des Agitators mit
jener eines wahren Volksfreundes ver-
tauscht habcn. Die Urheberschaft des
Ausspruches: „Lieber die russische Knute,
als die deutsche Freiheit", wird ihm zuge-
schrieben, und er ist in Kürze das Pro»
gramm jener Partei, die in bedauerns-
würdiger Verblendung am Bestände des
Gesammtstaates rüttelt, ohne zu beden-
ken, daß, wenn es ihr gelänge, den Ruin
desselben herbeizuführen, sie doch selbst
zuerst unter dessen Ruinen zu Staube
zermalmt würde. H. ließ aus der Ehe
mit seiner etwa ein Jahr vor ihm ver-
storbenen Frau eine Tochter zurück, zu
deren Vortheil erst in jüngster Zeit von
der Regierung eine öechische National»
Lotterie bewilligt wurde ^Presse vom
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Hartmann-Heyser, Volume 8
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Hartmann-Heyser
- Volume
- 8
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1862
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 514
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon